Amberger Zeitung 14.7.1998:

Ein vergnüglicher "Kaiserschmarrn"
GMG-Schüler liehen sich von Dürrenmatt einige Sätze aus

Von Johann Ott

Amberg. Schon der Titel der Dürrenmatt-Bearbeitung war gut gewählt. Steht doch im ,,Meyer" unter dem Stichwort Kaiserschmarrn: "östr. Mehlspeise (unterzogen mit geschlagenem Eiweiß) mit Rosinen, die nach dem Fertigbacken mit zwei Gabeln in Stücke zerrissen, in der Pfanne mit Staubzucker u. Mandeln glasiert wird." Frisch zubereitet schmeckt er am besten. Und diese Frische war der Inszenierung anzumerken, denn das Original ist doch schon etwas in die Jahre gekommen. Manche Witze haben einen langen Bart. Nur so scheint der "Romulus" des Schweizer Dramatikers noch erträglich: gekürzt, zugespitzt, mehrfach gebrochen ("in Stücke zerrissen") und auf Tempo gespielt. Ein Pluspunkt des Abends.

Kaiserschmarrn

Schultheater am GMG (Bild: Unger)

Bekanntlich behandelt das Stück das Aufeinandertreffen der Germanen oder Odoaker mit dem letzten römischen Kaiser, der sich mehr um die Hühnerzucht als um sein Reich kümmert. Eier, gelegte und nicht gelegte, sind daher das zentrale Thema. Das hervorragende Bühnenbild rückte diese "gschissne Göttergabe" in den Mittelpunkt. Auch diesmal leistete der Overheadprojektor bei der Vermittlung zusätzlicher Räume seinen hervorragenden Dienst. Der Kaiser (Dieter Pröm) im Hühnerstall bleibt als Bild unvergeßlich. Das Bühnenbild: eine Rosine im Kaiserschmarrn.

Überhaupt der Kaiser: Zu Beginn war er noch eine Art Hausmeister, der über die Schulspieler und die Fußballspiele räsonierte. Dann schlüpfte er in seine Rolle, war ein Cäsar, wie man ihn sich so vorstellt bzw. wie man ihn so aus Asterix und Obelix kennt. Gestik und Mimik stimmten. Eine weitere Rosine. Ebenfalls unvergeßlich bleiben die Germanen, die mit Frauen besetzt waren. Kunstblut an den Plastikschürzen, Nudelhölzer in den Händen, kamen sie nicht zum Backen in den kaiserlichen Palast, sondern um die Macht zu übernehmen: Frauen zum Fürchten. Bis sich dann doch herausstellt, daß auch ihr Heerführer nur ein Thema kennt: die Hühnerzucht.

Freilich entzündet sich dann am Kleidungsstück der Germanen, den Hosen, eine Nebenhandlung, in welcher der Hosenfabrikant "Rupf" - eine Hitlerkarrikatur in seinen Bewegungen - die entscheidende Rolle spielte. Er (Thomas Preischl) bekam wohl neben dem Kaiser und dem Soldaten, der mit Pfeil in der Brust monoton die Sätze wiederholte: "Ich bin ja so müde, so müde" den meisten Applaus. Darüber hinaus gab es noch einige schräge Figuren am Kaiserhof: Julia, die sexuell und auch sonst vernachlässigte Frau des Kaisers (Deniz Okyay) die Tochter Rea (Ute Braun), die an den Germanenfürsten verheiratet wird, deren Schauspiellehrerin (Sabine Hoppe), der lispelnde Kaiser von Ostrom (Wolfgang Barth), die Kunsthändlerin (Silke Pirner), welche die letzten Büsten aufkaufte, und somit ihren Beitrag zur Sanierung des Staatshaushalts leistete, Minister und Kammerdiener.

Daß die Inszenierung mit Einzeleinfällen überzuckert war, gehört schon zu den Qualitätsmerkmalen von Regisseur Anton Fütterer. Freilich hätte ich mir noch mehr Absurdität gewünscht, denn auch dafür sind die Aufführungen am GMG berühmt. Vielleicht hätte man noch mehr Anspielungen zur Gegenwart einbauen können. Aber auch so: Es war ein vergnüglicher Abend, so richtig eine Einstimmung auf das spannende Spiel Frankreich gegen Kroatien.

 
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Letztes Update: 08.02.2005

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