"... immer zu Kerzen angesägt!"
Unter dem Motto "08/15": überzeugendes Schultheater am Gregor-Mendel-Gymnasium

"08/15" - Schultheater 2002


Die Herkunft des Titels "08/15" stand am Anfang des Theaterabends in der Aula des Gregor-Mendel-Gymnasiums: Studiendirektor Anton Fütterer erläuterte, wie die Bezeichnung des Maschinengewehrs am Anfang des 20. Jahrhunderts zustandekam und dass sich aus der alltäglichen Pflicht der Soldaten, dieses Gerät auseinanderzunehmen, zu reinigen und wieder zusammenzubauen, die heutige Bedeutung entwickelt habe. Allerweltstheater also? - Im besten Sinne, ja; das zeigte sich in der folgenden reichlichen Stunde, in der die Spielerinnen und Spieler ein Panorama allgemeiner Probleme menschlicher Kommunikation ausbreiteten, die manchmal tiefgründig, manchmal kryptisch, oft humorvoll dargestellt wurden. Dass die Zahlen "0 - 8 - 15" auch die Notenskala der Kollegstufe umspannen, stand dabei des öfteren - unausgesprochen - als reizvolle Doppeldeutigkeit im Raum.
Die Texte, die den Szenen der dreißig Schülerinnen und Schüler zugrundelagen, waren zum Teil selbst geschriebene Dialoge, zum Teil Bearbeitungen von Texten, die im Schultheater Kultstatus erreicht haben; Werke von Georg Büchner, Jean Tardieu und Wolfgang Deichsel dienten der GMG-Truppe als Inspirationsquelle.
Auf der kargen Aulabühne wurde wieder äußerst ökonomisch und effektvoll mit Requisiten umgegangen: Ein mannshohes Absperrgitter diente als Rückwand, als Trennwand, als Netz - und für die Befestigung eines Hirschgeweihs, das als Symbol deutscher Spießigkeit eine Reihe von Szenen stumm kommentierte.
Dass sowohl durch Reden als auch durch Schweigen Missverständnisse erzeugt und Kommunikation zum Scheitern gebracht werden kann, stand bei einer Reihe von Szenen im Mittelpunkt. Ein Paar, das sich offenbar nichts mehr zu sagen hat, streitet sich darum, wer es wohl sei, der dem anderen nicht mehr zuhört, bzw. wer dem anderen durch seine Monologe seine Nichtachtung demonstriere - intensiv und mit überzeugender Emotion ausgespielt. 
Schön auch eine Zweierkombination von Szenen exklusiv um die Zahl Fünfzehn: Zunächst sieht man ein Paar, bei dem der Mann ein Fußbad nimmt, sich der Pediküre widmet und dann darüber sinniert, warum der Mensch wohl fünf Zehen habe - wobei aber die "fünf Zehen" immer wie "fünfzehn" ausgesprochen werden: "Warum eigentlich fünfzehn? - Weniger wäre besser ... dann wäre auch der Schnitt sauberer" - die intelligente Verknüpfung des Themas Notenpunkte mit dem Bereich der Fußpflege wurde von den Wissenden besonders genossen.
Die zweite "Fünfzehn"-Szene beschäftigte sich mit einem Problem, das dieses Alter für viele Jugendliche mit sich bringt. Wie sehr das Mädchen sich davor fürchtet, mit dem Pickel, den sie auf ihrer Stirn entdeckt hat, nicht mehr beachtet, ja nur mehr bemitleidet zu werden, das wurde anschaulich dargestellt.
Gerade beim Thema Liebe spielt die Kommunikation natürlich eine große Rolle. Hierzu, unter dem Titel "Liebe, na ja", wurden drei Szenen zusammengefügt, die das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln und stets faszinierend bespiegelten: In "Wild Tier" wurde die erotische Anziehung der Geschlechter thematisiert, Mann und Frau getrennt durch das nun zum Raubtiergitter umfunktionierte Requisit, in "Rosetta" ging es um das Ende einer Liebe, und in "Zeitungsmeldung" wurde der Gegenstand wieder ins Komische gedreht, als der Mann von einem Gewaltverbrechen vorliest, das die Frau vor allem deswegen erbost, weil das Opfer sich bereit erklärt hatte, dem geschiedenen Mann die Hose zu flicken.
Besonders echt - und in ihrer Doppeldeutigkeit sowohl Erheiterung als auch Bestürzung erzeugend - wirkten die Szenen "Im Stehcafé", in denen Langeweile, Einsamkeit, Stammtischgerede vom Krieg und Krankheiten als Gesprächsthema im Zentrum standen. Hierbei konnten einzelne Schüler auch mit ihren besonderen individuellen Stärken glänzen, indem sie sich eines Dialektes bzw. Akzents bedienten: So klang der Stammtisch auf Fränkisch, Saarländisch und mit türkischem Akzent erst recht stimmig.
Für all die nachdenklich machenden, lustigen, geheimnisvollen Szenen, die im richtigen Tempo und mit sichtlichem Teamgeist dargeboten wurden, erhielten die Akteure begeisterten Beifall. Die Spielerinnen und Spieler ihrerseits bedankten sich bei Regisseur Anton Fütterer, der sich in Zukunft nicht mehr mit der Frage "Null, acht oder fünfzehn?" auseinandersetzen will und deshalb seine Spielleitung des Grundkurses Dramatisches Gestalten mit dieser Inszenierung niederlegt.

Peter Ringeisen


Leider wurde der Artikel von der Zeitung nur in folgender verkürzten Form gebracht:

Amberger Zeitung, 27.3.2002

Das Ende einer Liebe
GMG-Schultheater: "08/15", aber kein Allerweltstheater

VON PETER RINGEISEN Amberg. Die Herkunft des Titels "08/ 15" stand am Anfang des  Theaterabends in der Aula des Gregor-Mendel-Gymnasiums: Studiendirektor  Anton Fütterer erläuterte, wie die Bezeichnung des Maschinengewehrs am Anfang des 20. Jahrhunderts  zustandekam und dass sich aus der alltäglichen Pflicht der Soldaten,  dieses Gerät auseinanderzunehmen, zu reinigen und wieder zusammenzubauen, die heutige  Bedeutung entwickelt habe. 

Allerweltstheater also? - Im besten Sinne, ja; das zeigte sich in der  folgenden Stunde. Die Texte, die den Szenen der 30 Schüler zugrundelagen,  waren zum Teil selbst geschriebene Dialoge, zum Teil Werke von Georg Büchner, Jean Tardieu und  Wolfgang Deichsel. 

Dass sowohl durch Reden als auch durch Schweigen Missverständnisse erzeugt und Kommunikation zum Scheitern gebracht werden kann, stand danach im Mittelpunkt. Ein Paar, das sich nichts mehr zu sagen hat, streitet sich darum, wer es wohl sei, der dem anderen nicht mehr zuhört. Schön auch eine Kombination von Szenen um die  Zahl 15: Man sieht ein Paar, bei dem er ein Fußbad nimmt und darüber  sinniert, warum man fünf Zehen hat - wobei die "fünf Zehen" immer wie "fünfzehn" ausgesprochen  werden. Die zweite "Fünfzehn"-Szene beschäftigte sich mit einem Problem, das  dieses Alter für viele Jugendliche mit sich bringt. Wie sehr das Mädchen  sich davor fürchtet, mit dem Pickel, den sie auf ihrer Stirn entdeckt hat, nicht mehr beachtet, ja  nur mehr bemitleidet zu werden, das wurde anschaulich dargestellt. In "Wild  Tier" wurde die erotische Anziehung der Geschlechter thematisiert. In "Rosetta" ging es um das Ende  einer Liebe, und in "Zeitungsmeldung" wurde der Gegenstand wieder ins  Komische gedreht. Die Spieler bedankten sich bei Regisseur Anton Fütterer, der sich in  Zukunft nicht mehr mit der Frage "Null, acht oder  fünfzehn" auseinandersetzen will und seine Spielleitung des Grundkurses Dramatisches Gestalten mit dieser Inszenierung niederlegt.

 

HOME

URL: www.gmg-amberg.de 
Letztes Update: 08.02.2005

eMail