Amberger Nachrichten v. 13.04.2001
Ein
kleines Stück Weg erzählt viele Geschichten
Das
Kreuz ist allgegenwärtig / Einblicke in das Leben der Menschen, ihre
Sorgen und Hoffnungen
Die
Kannesmetzgerkapelle am Fuß des Kreuzbergs.
Von
Josef Popp
SCHMIDMÜHLEN.
Schmidmühlens Geschichte ist eng verbunden mit der ihrer Pfarrei St.
Ägidius. Überall in der Pfarrei gibt es verschiedene Zeichen
tief gelebter Religiosität und überzeugter Volksfrömmigkeit.
Diese stellen sich in Form vieler Wegkreuze, Marienstatuen, Kapellen oder
Heiligenbildern an den Hauswänden dar. Doch viele dieser steinernen
Zeitzeugnisse geben Rätsel auf. Wenig weiß man über ihre
Erbauungszeit, wenig über die Gründe ihrer Entstehung.
Auch
wenn man nicht sehr viel über ihre Erbauung weiß, so kann man
aber bei der Friedhofskapelle St. Georg zumindest die Erbauungszeit in
etwa einengen. Sie dürfte deutlich vor 1600 liegen, da bereits der
am 6. März 1603 verstorbene Georg Friedrich Grueber von Püschelsdorf
in ihr begraben wurde.
Am
Karfreitag beten die Gläubigen den Kreuzweg hinauf zum Kreuzberg.
In
der Kirche sind viele Adelige aus der Zeit zwischen 1677 und 1796 beerdigt.
Am 16. November 1675 wird der zehnjährige Johann Christof von Senglau
beigesetzt am 3. November 1677 Anna Maria von Boisl und am 4. 7. 1682 Johann
Adam von Boisl. Am 26. März 1796 nachmittags um 3 Uhr wird die 77-jährige
Jungfrau Maria Julianna von Reitz begraben; sie wurde in St. Georg in der
Kapellenmitte beigesetzt. Zwei Grabsteine sind in der Kirche noch vorhanden.
Die Friedhofkirche dürfte wohl mit dem Friedhof um 1550 gebaut worden
sein. Und dürfte wohl auch ihre Nutzung dann gefunden haben, wenn
jemand verstorben und beerdigt wurde.
Ursprung
heidnische Tradition
Es
ist guter Brauch in Schmidmühlen, dass man mit der Palmprozession
am Palmsonntag vor der Friedhofkirche beginnt. Über den Ursprung der
Palmweihe gibt es übrigens nur Vermutungen. So soll die katholische
Kirche bewusst hier an heidnische Traditionen angeknüpft haben: Das
christliche Volk sollte lernen, Schutz nicht nur mehr von irgendwelchen
Zauberkräutern zu erwarten, sondern allein durch den Segen Gottes.
Auf
dem Weg zum Kreuzberg befindet sich diese Kreuzigungsgruppe.
Fotos:
Popp
Ein
Blick in das Innere der Kirche zeigt mit großer Symbolik die Nähe
zum österlichen Fest: der Tod Jesu, das jüngste Gericht, die
Auferstehung, Jesus erscheint seinen Jüngern und auch Himmelfahrt
sind an der Decke oder an den Altären dargestellt - zumal ja die Osterzeit
bis Pfingsten dauert. Allerdings ist die Georgskapelle derzeit in einem
schlechten baulichen Zustand. Genauso bedauerlich ist, dass vor Jahren
das Altarbild („Jüngstes Gericht“) mutwillig zerstört wurde.
Rätsel
gibt ein Steinkreuz auf, das sich im Inneren der Kirche befindet. Es wurde
in den 50-er Jahren beim Ausbau der Hohenfelser Straße gefunden und
sicher gestellt. Jetzt lagert es in der Kirche.
Kleine
Kapelle am Wegesrand
Die
Auferstehung Jesu zeigt das Deckenbild in der Friedhofskapelle St. Georg.
Wenn
es das Wetter zulässt, wird am Karfreitag entlang der Kreuzwegstationen
am Kreuzberg der Kreuzweg gebetet. Der Weg führt dann vorbei an der
Kannesmetzgerkapelle am Fuß des Kreuzberges. Auch von dieser Kapelle
weiß man wenig. Nur so viel, dass sie etwa um 1850 gebaut wurde.
Sie ist derzeit in Besitz von Günther Schmid. Obwohl das Umfeld der
Kapelle zum Truppenübungsplatz Hohenfels gehört, ist sie nach
der Ablösung im Familienbesitz geblieben.
Ab
dieser Kapelle bis hinauf zur Kreuzbergkirche sind die Kreuzwegstationen.
Aus dem vorliegenden Archivmaterial ist nicht ersichtlich, wann diese erbaut
wurden. 1897 jedenfalls wurden anlässlich des 200. Kreuzbergjubiläums
an der 14. Kreuzwegstation drei Linden gepflanzt.
1920
wurden die Kreuzwegstationen umfassend instand gesetzt. Seit 1. Februar
1968 sind sie wieder im Besitz der Pfarrei Schmidmühlen. Bei einer
Generalsanierung 1979/80 wurden sie erneut umfassend restauriert und erhielten
den gleichen Anstrich wie die Kreuzbergkirche.
Kurz
vor der Kreuzbergkirche befindet sich eine Kreuzigungsgruppe. In der Nähe
dieser Kreuze ist eine Gruft, in welcher schon vor der Errichtung der Kapelle
die Mutter Gottes verehrt wurde. In Stand gehalten und gepflegt wurde diese
Andachtsstätte von Einsiedlern, die in einem von ihnen errichteten
Haus bis 1747 wohnten. Im Mai 1902 wurden die hölzernen Kreuze, das
Christuskreuz und die beiden Schächerkreuze erneuert. Das Holz dafür
stiftete Landwirt Georg Lautenschlager.
Nach
der Seuche Kirche gebaut?
Der
Kreuzweg auf den Kreuzberg endet bei der Hl. Dreifaltigkeitskirche, dem
Wahrzeichen Schmidmühlens. Und bei dieser Kapelle schließt sich
irgendwie der Kreis zur modernen Gegenwartsgesellschaft. In ganz Europa
harrt man mit Bangen aus, ob sich die schreckliche Maul- und Klauenseuche
auf die Tierbestände auf dem Kontinent weiter ausbreitet. Dies wäre
nicht das erste Mal. Vermutlich war die Maul- und Klauenseuche vor rund
300 Jahren der Anlass zum Bau der kleinen Kreuzbergkirche. Zumindest bezieht
sich die erste Votivtafel auf diese Seuche (siehe oben!).
Doch
wenige Jahre später drohte Schmidmühlen ebenfalls eine Viehseuche
und erneut wandte man sich an die Hl. Dreifaltigkeit. Und diesesmal sogar
der Marktmagistrat ganz amtlich und hoch offiziell: „War Unheil uns Plünderung
nach Dank der Dreyeinigkeit So wurden auf unser Thun, durch dich davon
befreit. Nun Vater sind wir wieder da, Dem Rinde drohet Seuche, Erhöre
Schöpfer uns daher, geb dass dies Übel von uns weiche.“ Auch
hier bewahrte die Hl. Dreifaltigkeit Schmidmühlen vor der Seuche.
So
ergibt ein Blick in die Archive, dass dieses relativ kleine Stück
Land, von der Friedhofkirche St. Georg über die Kannesmetzgerkapelle,
den Kreuzwegstationen hinauf zu der Kreuzigungsgruppe und der Kreuzbergkirche,
voller Geschichten und Geschichte steckt. Diese steinernen Zeugnisse vergangener
Jahrhunderte erzählen viel vom Leben in Schmidmühlen, von den
Plagen und Hoffnungen, von Unheil und Freuden.
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