Josef Popp – Schmidmühlen
(teilweise in Amberger Nachrichten vom 12.02.2005)
In
einer Chronik zu blättern ist für einen geschichtsbewussten und
interessierten Bürger immer ein Erlebnis. Mit dem Gründungsmitglied
des Trachtenvereins Anton Espach sen. hatte
der Markt Schmidmühlen einen Hobbychronisten, der über viele
Jahre vor allem Begebenheiten in den 50iger Jahren festhielt. Dies ist
mit Blick auf die 1000 Jahr – Feier in fünf Jahren von großer
Bedeutung, da in der damaligen Zeit ein Zeitungsbericht über die Vorkommnisse
in einem Ort wie Schmidmühlen eine Rarität waren.
Anton Espach sen. nannte seine Aufzeichnungen
selbst „Erinnerungs- und Gedenkblatt für besondere Begebenheiten des
Marktes und der Pfarrei Schmidmühlen, ab 1951“. Die Originalunterlagen
sind in Besitz des Heimat- und Volkstrachtenvereins Schmidmühlen und
wurden dankenswerterweise zur Auswertung freigegeben. Die Ortsheimatpfleger
Michael Koller und Josef Popp sicherten und werteten die Unterlagen aus
beziehungsweise systematisierten die Gedächtnisprotokolle des Chronisten.
Um die Authentizität zu wahren, wurde die Aufzeichnungen auch für
diesen Bericht nur wenig geändert.
*
Einen
großen Teil seiner Aufzeichnungen widmete der Anton Espach
sen. der Wiedergründung des Truppenübungsplatzes
Hohenfels. In dem jetzigen Gebiet war bereits während des 3. Reiches
ein Truppenübungsplatz für die Deutsche Wehrmacht. Dieser Übungsplatz
wurde aber nach der Niederlage im 2. Weltkrieg aufgelöst und wieder
– auch mit Flüchtlingen aus den Ostgebieten des ehemaligen Deutschen
Reiches - besiedelt. Nur wenige Jahre nach der Wiederbesiedelung sollte
das Areal für einen US – Truppenübungsplatz geräumt werden.
Die Geschehnisse hält der Chronist wie folgt fest:
Eine
unliebsame Botschaft traf im September 1951 in Schmidmühlen ein. Auf
Befehl der amerikanischen Regierung sollte der Truppenübungsplatz
Hohenfels – Nainhof wieder (Anmerkung: von
der Bevölkerung) geräumt und zum großen Teil erweitert
werden. Die eingeleitete Protestversammlungen
hatten nur geringen Erfolg dazu. Die Erweiterung erfolgte statt nach Norden
in westliche Richtung, wobei die Pfarrei Pielenhofen bei Velburg und Lutzmannstein
abgelöst werden. Nun ging es an den Holzverkauf in diesem Ablösungsgebiet.
Mehr als 250 000 Kubikmeter Holz wurden geschlagen und die Holzfuhrwerke
fuhren Tag und Nacht mit dem Lastauto das Holz ab. Zu dem Abtransport des
Umzugsgutes wurden große Lastwägen eingesetzt, die den Oberen
Torbogen nicht passieren konnten und über die Brücke beim Sägewerk
Böhm fahren mussten. Wegen des regen Verkehrs auch an den Sonntagen
wurden die Verkaufsstände zur Spitzlkirwa
am 4. November in die Kirchgasse (Anmerkung: jetzige Pfarrer –Haertle
Straße) verlegt, da der Truppenübungsplatz bis zum 15. November
(von der Bevölkerung) geräumt sein musste. Zu diesem Zeitpunkt,
so steht es in den Aufzeichnungen geschrieben, waren bereits erste Militärabteilungen
eingetroffen.
Zur
Bewältigung der zu erwarteten Militärtransporte soll eine Holzbrücke
über die Lauterach oberhalb der Teilung
errichtet werden, die entsprechende Straße soll südlich in die
Hohenfelser Straße einmünden. Wie bekannt gegeben wurde, wird
die Kreuzbergkirche erhalten bleiben. An Sonn- und Feiertag sind Gottesdienste
gestattet. Die Militärtransporte treffen nachts mit Panzern auf dem
hiesigen Bahnhof ein. Die Fahrzeuge und Geschütze werden sofort abgefahren.
Dabei werden die Straßen stark demoliert. Dies geschieht auch durch
die Langholztransporte. Hier werden große Schäden gerade in
den Bereichen von Straßenbiegungen und Kreuzungen gemeldet. Die Vilsbrücke
am Anger konnte mit schweren Panzern und Geschützen nicht befahren
werden. Die schweren Fahrzeuge mussten oberhalb der Vilsbrücke durch
die Vils fahren, was schwere Schäden an den Ufern hinterließ
(S. 89 Furth). Zur
Zeit verkehren viele amerikanische Soldaten in Schmidmühlen.
Am 11. und 12. April 1952 wurde von der amerikanischen Militärregierung
der obere Torbogen an der Lauterach nebst dem Wohnhaus der Besitzerin Renghart
(Justinger) und Schneider (Brey)
abgebrochen. Die Steine wurden für Bauzwecke für Wohnbauten,
das Gebälk für Brennmaterial und der Schutt an den Hammerbach
gefahren. Der Preis als Entschädigung für die Ablösung soll
damals 3000 DM betragen haben. Geschäftlich wird der Wegzug der Bewohner
des Truppenübungsplatzes schon stark empfunden, da dieselben viel
in Schmidmühlen verkehrten und einkauften. Auch für viele Landwirte
in Schmidmühlen bringt die Räumung des Truppenübungsplatzes
große Nachteile, da sie ihre Pachtfelder nicht mehr bewirtschaften
können. Hoffen wir, dass der Friede erhalten bleibt, wo wir auch vieles
erdulden müssten.
*
Am
30. März 1952 stand die Wahl des Bürgermeisters und des Gemeinderates
an. Über dieses Ereignis wird ebenfalls berichtet.
Den
Wahlkampf um die Plätze im Gemeinderat führen die SPD, die CSU
mit Bayernpartei, die Kommunisten und Parteilose. Zu diesem Zeitpunkt war
Johann Büchl der 1. Bürgermeister.
Im Gemeinderat saßen Josef Huger,
Xaver Eichenseer, Leonhard Flierl,
Michael Metzger, Phillip Knauer, Michael Bruckmüller
sen., Josef Vogl, Johann Steinbauer, Josef
Kraus und Franz Wiesner. Als Bürgermeisterkandidaten wurden nominiert:
Johann Büchl (Parteilos), Rudolf Diepold
(CSU) und Franz Artmann (SPD).Johann Büchl
ging bei der damaligen Wahl mit großer Stimmenmehrheit hervor. In
Emhof, bereits damals mit einem eigenen Wahllokal, wurde der Bürgermeister
ebenfalls mit großer Mehrheit wieder gewählt.
In
den Gemeinderat kamen: Andreas Hausmann, Michael Leuthner,
Hans Rubenbauer, Franz Artmann, Josef Vogl,
Rudolf Diepold, Georg Bruckmüller,
Ewald Blank, Josef Huger, Josef Wein. Hans
Rubenbauer wurde zum 2. Bürgermeister gewählt.
*
Bereits
in den Nachkriegsjahren waren die Kreuzbergfeste ein besonderes Ereignis:
Im
Jahre 1951 soll das 250 jährige Bestehen der Kreuzbergkirche gefeiert
werden. Durch den Bürgermeister Johann Büchl
wurde eine große Bürgerversammlungim Espachsaal
einberufen. Es wurde ein Ausschuss gewählt, der die Vorbereitungen
übernehmen sollte. Zu den Vorbereitungen gehörte auch eine Geldsammlung.
Es kam eine schöne Summe zusammen. Von den Spendengeldern wurde die
Kirche, der Turm (außen), die Kreuzwegstationen und die Kreuzigungsgruppe
restauriert. Infolge finanzieller Schwierigkeiten konnte aber dann kein
größeres Fest gefeiert werden. Dennoch kamen viele Wallfahrer
und Gläubige zu den Gottesdiensten und dem (kleinen) Fest. Auch in
den darauffolgenden Jahren war die Kreuzbergkirche
ein beliebter Wallfahrtsort. Chronist Espach
schreibt:
Am
8. Juni 1952 wurde das Dreifaltigkeitsfest auf dem Kreuzberg abgehalten.
Zahlreiche Beteiligung der Bevölkerung von Nah und Fern. Aus Adertshausen,
Dietldorf und Vilshofen sind Wallfahrtszüge eingetroffen. An diesem
Tag wurde der Bierausschank und Bratwurst kochen und Lebensmittelverkauf
gestattet. Kreuzbergkirche wundervoll renoviert. Aus den Aufzeichnungen
geht auch hervor, dass von einem österreichischen General („in früherer
Zeit“) ein Betrag von 100 000 Gulden dem Markt Schmidmühlen zur Gründung
eines Karmeliterklosters gestiftet wurde.
Eine
Zuwendung erhielt auch die Schule. Die Hofärzte Dr. Joseph Pfab
und Dr. Moritz Pfab aus Wien vermachten
der Schule eine Stiftung, aus deren Ertrag der Oberlehrer und ein Kleinlehrer
alljährlich eine Zuwendung erhalten sollten.
Einen
wertvollen und wichtigen geschichtlichen „Schatz“ hat der langjährige
Vorsitzende und Gründungsmitglied des Trachtenvereins Anton Espach
sen. mit Aufzeichnungen und Gedächtnisprotokollen seiner Heimatgemeinde
Schmidmühlen hinterlassen. Er dokumentiert in seinem „Erinnerungs-
und Gedenkblatt für besondere Begebenheiten des Marktes und der Pfarrei
Schmidmühlen, ab 1951“ Ereignisse aus dem Gemeindeleben, hält
aber auch bis dato mündlich Überliefertes schriftlich fest. Teil
1 beschäftigte sich bereits mit der Neuausweisung des Truppenübungsplatzes.
Vieles
aus seinen Aufzeichnungen konnten in den letzten Jahrzehnten auch historisch
- wissenschaftlich bestätigt werden.
Vieles,
aber eben nicht alles. So ist bekannt, dass im 16. Jahrhundert der Ort
Schmidmühlen über längere Zeit von allen Einwohnern verlassen
wurde. Der Ort war tatsächlich menschenleer. Zu der
selben Zeit herrschte in der Region selbst die Pest. Ob nun diese
heimtückische Krankheit in Schmidmühlen wütete und die Bevölkerung
zumindest teilweise hinweggerafft hat, ist so nicht überliefert. Aber
es ist anzunehmen. Denn in diese Zeit fällt auch die Verlagerung des
Friedhofs außerhalb der Befestigung des Ortes und in der Folge der
Bau der Friedhofkirche. In seinen Aufzeichnungen hält Anton Espach
sen. jedoch viele Familiennamen beziehungsweise Handwerker fest, die nach
dieser Zeit nach Schmidmühlen gezogen sind. Bäcker Geith; Espach:
Schuhmacher; Weigert: Fuhrleute und Hopfenbauer, Justinger:
Hutmacher; Hofman: Metzger und Komunbrauer; Messerer:
Kaufmann; Utz: Gerber; Palk:
Büchsenmacher; Knauer: Färber; Knauer: Schmied; Dobmeier:
Nachtwächter, Holzschuhmacher, Kirmmacher.
Bereits
in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts ging ein ökonomischer
Wandel in Schmidmühlen vor sich. Viele Berufe verschwanden. Sie wurden
in aller Regel nicht mehr benötigt oder es gab keine Nachfolger. Zu
diesen alten Berufen gehörten:
Nagelschmied
(Borkenhauser), Hutmacher (Justinger),
Hafner (Forster), Weißgerber (Wohlfahrt, Färber (Knauer), Tuchmacher
(Beslmeisl), Seifensieder (Familienname nicht
bekannt), Glaser (Natter / Messerer), Weber
(Rascher), Seiler (Götz), Zieglerei
(Familienname nicht bekannt), Schnupftabakdosenfabrik) Kufftner
(Meyer), Rotgerber (Utz), Schmied (Knauer), Mühle
(Eichenseer / Marktwappen!), Glasschleife und
Polierwerk, Papiermühle, Straßenbeleuchter (Öllmayer),
Scherenschleifer (Metzger – Pfannenflicker), Säckler
(Leuthner), Drachsler
(Schuh, Hopfenbau), Büchsenmacher (Palk).
In
den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts gab es bereits eine Vielzahl
von Vereinen, die überaus aktiv am Gemeindeleben mitmischten. Die
meisten dieser Vereine haben sich bis heute behaupten können, auch
wenn sie die eine oder andere Krise zu bewältigen hatten. Nicht mehr
existent sind der Turnverein, der Bürgerverein (mit Magistrat), der
Gesellen- und Arbeiterverein (der heutige Nachfolgverein ist Kolping),
der Radfahrverein, Militärverein (nicht zu verwechseln mit dem Kriegerverein),
Burschenverein, katholischer Mütterverein und der Jungfernbund. Eine
beliebte Freizeitbeschäftigung war damals das Kegeln. Beinahe jedes
größere Wirtshaus hatte eine Kegelbahn. Im einzelnen
führte Anton Espach auf: Kannesmetzger
neben Friedhof(letzter Rest im Zuge der Hochwasserfreilegung abgebrochen),
Rösslwirts-Kegelbahn (beim Schlössl),
Ochsenwirtskeller (Hammer), Hiaslkeller
(=Hiaslhall), und Hirschenwirt. Das Gründungsjahr
des jetzigen Schützenvereins ist datiert auf das Jahr 1893. Bereits
vor dieser Zeit gab es einen Feuerschützenverein in Schmidmühlen.
Ob dieser direkt in den Schützenverein SG 1893 überging, bleibt
noch zu klären. Dies trifft ebenfalls auf die Frage zu, in wie weit
dieser Verein gegebenenfalls mit dem Militärverein zusammenhing. Auf
jeden Fall wurde in den Jahren von 1885 und 1895 regelmäßig
Feuerschießen abgehalten. Bekannt ist, dass Johann Rascher der Zieler
und Egid Palk der Büchsenmacher war.
Der Heimat- und Volkstrachtenverein beteiligte sich am 21.9. 1952 am Oktoberfestzug
in München. Als Anerkennung hierfür erhielt der Verein einen
Zweiliter – Maßkrug.
Auch
von Unglücksfällen und Schicksalsschlägen wusste Anton Espach
zu berichten. Im 19. Jahrhundert starben viele Bewohner an den schwarzen
Blattern. Nach dem Krieg brannte im Harschhofer
Feld eine größere Baracke ab; sie wurde ab 1951 wieder aufgebaut..
1915 gab es ein Großfeuer: Die Ökonomiegebäude von Anton Espach
brannten ab. Ende Oktober 1952 brach erneut die Maul- und Klauenseuche
aus. Betroffen waren vier Gehöfte: Michael Bruckmüller,
Joseph Pfab, Georg Weigert und Landwirt Ruppenhofer.
Im Januar 1953 erkrankte Pfarrer Geistlicher Rat Haertle
schwer und wurde ins Krankenhaus nach Regensburg eingeliefert. Ein schwerer
Schlag war sicherlich für die Pfarrei sein Tod. Er verstarb am 14.
Februar 1953 um 15 Uhr an den Folgen eines Nierenleidens im Krankenhaus
der barmherzigen Brüder in Regensburg. Am Aschermittwoch 18. Februar
1953 wurde er unter großer Anteilnahme im Friedhof in Schmidmühlen
beigesetzt. Er wurde 70 Jahre alt.
Was
sonst noch passierte
Die
Pfarrei brauchte aber nicht lange auf einen neuen Pfarrer zu warten. Anton Espach
sen. hielt dies wie folgt fest:
Am
22. April 1953 am Nachmittag wurde der neue Pfarrherr Pfarrer Otto Gillitzer
feierlich empfangen. Er war vorher Pfarrer in Chammünster.
Sämtlichen hiesigen Vereine an der Spitze die Gemeindeverwaltung hatte
sich mit der Schuljugend an der Vilsbrücke aufgestellt und wurde dann
mit Musik zur Kirche begleitet. Dort wurde er von der Jugend und von Bürgermeister Büchl
begrüßt. Der neue Pfarrherr sprach mit bewegten Worten seinen
Dank für den feierlichen Empfang aus. Eine seiner ersten Tätigkeiten waren
die Durchführung von Reparaturarbeiten im Friedhof mit Schotterung
der Wege.
Am
11. und 12. April 1952 wurde von der amerikanischen Militärregierung
der obere Torbogen an der Lauterach „nebst Wohnhaus“ abgebrochen. Am 16.
April erfolgte die weitere Anpflanzung des Theilberges
mit Föhren. Es wurden „hiesige“Arbeiter
eingesetzt, so berichtet Anton Espach. Am
2. Juni 1952 wurde die Heimkehrerkapelle eingeweiht. Sie wurde von Franz
Xaver Eichenseer aus Dankbarkeit für
seine glückliche Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft erbaut. Am
1. Oktober wurde das sogenannteHussausläuten
(8 Uhr) wieder eingeführt. Ende 1952 (Oktober bis Dezember) wurde
die Bahnhofstraße mit Granitpflaster befestigt. Am 12. Februar 1953
wurde von der Gemeindeversammlung beschlossen, mit dem Bau einer Wasserversorgung
zu beginnen. Kurze Zeit darauf begann dieBohrung
für einen neuen zentralen Brunnen im Blaugrund. Am 1. Mai stieß
man in 60 Meter Tiefe auf ergiebiges Quellwasser (20 Liter pro Sekunde).
Die Freude war natürlich groß in Schmidmühlen.
Im
August wurde die drei Brücken repariert.
1954 begann in Schmidmühlen das moderne Zeitalter. Es erfolgte die
Verlegung von Telefonkabeln durch die Post in Schmidmühlen. Schmidmühlen
wurde an die „große weite Welt“ angeschlossen.
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