Entdeckung eines alten Schlossbrunnens
Dass man bei Sanierungen von alten und historischen Gebäuden vor Überraschungen nicht sicher sein kann, ist eine alte Architektenweisheit. Und eben eine dieser Überraschungen erlebten die Bauarbeiter beim Umbau des historischen Hammerschlosses in Schmidmühlen. Bei Abbrucharbeiten machten sie eine sensationelle Entdeckung. In einer Führung speziell für die Amberger Nachrichten informierte das verantwortliche Architektenteam, Dipl. Ing. Christina Knott und Dipl. Ing. Dieter Meiler von der Planungsgruppe MDP die Öffentlichkeit mit Bürgermeister Manfred Puchta.

Bis letzte Woche verliefen die Sanierungsarbeiten planungsgemäß und ohne Überraschungen. Im ehemaligen Krausanwesen, einem Nebengebäude des Hammerschlosses, das an dieses direkt angebaut ist, standen Abbrucharbeiten an. Was da jedoch zum Vorschein kam, überraschte dann doch gewaltig. Hinter einer Wand, die abgebrochen werden sollte, kam der ehemalige Schlossbrunnen, von dessen Existenz bisher niemand was ahnte, zum Vorschein. Nicht einmal der langjährige Vorbesitzer des Hauses, Willi Kraus, der den Fundort ebenfalls besichtigte, wußte, dass er mitten in seiner Wohnung um einem Brunnen herum wohnte. Über diesem Brunnen - und dies war die zweite Überraschung - kam eine Rauchkuchl zum Vorschein. Wie sooft, wenn ein altes Gebäude eines seiner Geheimnisse lüftet, gibt es neue Rätsel auf. Und vor so einem Rätsel steht man nun auch in Schmidmühlen. Über die eigenartige Kombination eines Brunnens mit einer Ofenanlage ("Rauchkuchel") kann man sich so recht keinen Reim machen. Diese Kombination scheint auf den ersten Blick widersinnig, so Dipl. Ing. Christina Knott. "Wer errichtet über seinem Trinkwasserbrunnen einen Ofen, durch den man wiederum mit Abfällen oder Asche sein eigenes Trinkwasser verschmutzt?" Warum ist der Brunnen ganze 4,50 Meter tief, obwohl man nach nur ein bis zwei Meter auf Grundwasser kommt? Und vor allem - was tut ein Brunnen mitten in einem Wohnhaus und warum wurde er nicht zugeschüttet? Auf einige Fragen haben die beiden Baufachleute Antworten. Das Hammerschloss in seinem jetzigen Zustand ist während der letzten Jahrhunderte allmählich gewachsen, das heißt, um 1600 wurde es erweitert und um 1700 aufgestockt. Das ursprüngliche "Urschloss" stammt aus dem 15. Jhdt., es wurde etwa um 1450 gebaut. Aus dieser Zeit könnte auch der Brunnen stammen, so jedenfalls vermutet Dipl. Ing. Dieter Meiler. Die Sicherung der Trinkwasserversorgung war auch damals eine vorrangige Aufgabe. Der Schmidmühlener Schlossbrunnen könnte also rund ein halbes Jahrtausend alt sein und ist damit eines der ältestes Zeitzeugnisse des Marktes, vielleicht auch, zumindest als Brunnenanlage, im Landkreis. Auch für die rätselhafte Brunnentiefe fand man eine mögliche Erklärung. Damals war auch die Lauterach nicht wie heute durch die großen Wasserräder oder Wehre aufgestaut, erklärte Dipl. Ing. Christina Knott. "Der Wasserabfluss war schneller. Deshalb musste man damals rund 4,50 Meter tief graben, um an Trinkwasser zu kommen". Noch jetzt befindet sich am Brunnengrund Wasser. Aber wie kommt der Brunnen mitten ins Haus? Dieses Nebengebäude datiert aus dem Jahr 1765. Der Brunnen liegt an der Außenwand des Hauses an, er wurde schlicht und einfach überbaut. Er war einfach früher da als das Haus. Warum er nicht zugeschüttet wurde, wie es eigentlich nahe läge, weiß man nicht. Fest steht, daß der Brunnen mit einem kleinen Gewölbe überbaut wurde. An der Umrandung sind deutlich Abnutzungserscheinungen zu sehen, ein Beweis dafür, dass diese Wasserstelle häufig benutzt wurde. Über dem Brunnen wurde dann eine Feuerstelle bzw. Ofenanlage errichtet. Warum man gerade über dem Brunnen diese Rauchkuchel errichtete, ein eigentlich einzigartiger Vorgang, dafür hat man keine schlüssige Erklärung. Deutlich sind noch die Rußspuren aus alten Zeiten zu sehen, ein Beleg dafür, dass er auch in Betrieb war. Möglich ist, dass man den Brunnen als "eiserne Reserve" behalten wollte. Und mit der Zeit ist er einfach in Vergessenheit geraten. Interessanterweise konnte auf der Rückseite dieses Ofen (im Nebenzimmer) eine weitere Ofenanlage nachgewiesen werden. Erhalten ist hier noch im Original die Ofenbank. Kuscheln anno dazumal unterscheidet sich doch wesentlich von heutigen Gewohnheiten. Sitzfläche und "Umbau" waren aus hartem Stein; von Gemütlichkeit und Komfort heutiger Tage - keine Spur. Aber es war die wärmste Stelle im Haus. Und noch zwei historisch wertvolle Dinge kamen zum Vorschein. Beim Ausbau und Abbruch der Fenster in diesem Haus, stieß man auf die original gemauerten Fensterumrandungen aus dem Jahr 1765. Diese sind im besten Zustand und ohne Schäden erhalten. Zentimeterweise wird zur Zeit die nächste Rarität vom Schutt befreit.: eine Eingangstüre im gotischen Baustil (Richtung ehm. Parkplatz des Meiersaales). Es war früher wohl die Haupteingangstüre zum Schloss. Nach der endgültigen Renovierung wird diese Tür auch als Eingangstüre aus dem vorderen Schlosshof genutzt werden. Ein Wappen, das sich über diesem Portal befindet, musste sofort gesichert und abgedeckt werden. Bürgermeister Puchta war sich abschließend mit den beiden Architekten einig, dass diese einmaligen historischen Zeitzeugnisse, insbesondere der Brunnen und die Rauchkuchlel, so gesichert werden (z. B. durch Glas), dass sie für die Bevölkerung sichtbar bleiben und nicht wieder in Vergessenheit und somit in einen "Dornröschenschlaf" versinken.

(von Josef Popp, veröffentlicht in Amberger Nachrichten am 23.10.1999)
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