Amberger Zeitung  v. 27.10.2001
„Klein aber fein“ das Heimatmuseum in Schmidmühlen

Ein Stück Schmidmühlener Zeitgeschichte lädt zu einem Besuch ein.

(von Paul Böhm)

Besucht man einmal Schmidmühlen am Zusammenfluss von Vils- und Lauterach, gehört neben einem Gang durch den Ort mit seinen drei Schlössern, dem Zieglerschloss, dem Oberen Schloss und dem Hammerschloss, das derzeit in ein Gemeinde-
und Pfarrzentrum umgebaut wird, auch ein Besuch des kleines Heimatmuseums im Rathaus unbedingt zur Pflichtlektüre, um
den Ort näher kennen zu lernen.

Für den Kenner und Heimatfreund sind die Ackerbürgerhäuser im Marktkern mit ihren breiten Hopfenböden ebenso
sehenswert, wie der idyllisch durch den Markt verlaufende Lauteracharm, der nicht nur vom Schmidmühlener Heimatmaler
Friedbert Bruckmüller als „Klein Venedig“ bezeichnet wird.

Fachwerkerker findet der aufmerksame Wanderer im Ort, ebenso wie Altanen und Steintafeln, die entweder an das Baujahr
des Hauses oder den Hochwasserstand des Jahres 1909 erinnern, als der Ort von einer der wohl schlimmsten
Hochwasserkatastrophen heimgesucht wurde. Auch der alljährliche Bittgang zum Habsberg ist aller Wahrscheinlichkeit auf ein Unwetter im Jahre 1784 zurückzuführen.

Will man jedoch mehr über den Ort und seine Bewohner, Bürgerschaft und Handwerk erfahren, geht man dazu einfach ins
Obere Schloß.

Tür an Tür liegen Rittersaal und die heimatkundlichen Räumlichkeiten mit Exponaten, die typisch für Schmidmühlen und seine Bürgerschaft sind. Das zweite Obergeschoß gehört vor allem durch seine Ausstattung an Malereien zu den interessantesten Resten deutscher Rennaissance in Bayern. Was zwei Jahrzehnte früher in dem herzoglichen Schloss Trausnitz in Landshut in umfangreichen Maße auf dem Gebiet der profanen Wandmalerei geleistet wurde, wiederholt sich in diesem bescheidenen oberpfälzischen Landschlösschen der Hausner im kleinen mit der Darstellung der vier Jahreszeiten und der göttlichen Tugenden.

Utensilien früherer Berufe

Insgesamt 94 Hausnamen und Berufsbezeichnungen hat Heimatchronist Franz Xaver Eichenseer in seinen handschriftlichen
Aufzeichnungen aufgeführt, die an längst ausgestorbene Tätigkeiten erinnern. Viele davon kennt man nur noch vom
Hörensagen, Berufsbezeichnungen wie Abdecker, Besenbinder, Eisenbändler, Huterer, Leierer, Mulzer, Nagelschmied,
Rentbote, Soderer, Wagner, und Glasschleifer sind einige dieser Berufe , die von Altvorderen ausgeübt wurden.

Viele ihrer Handwerksutensilien sind von Bürgern des Marktes dem kleinen Heimatmuseum unentgeltlich zur Verfügung
gestellt worden.

Betrachtet man nur einmal das ausgestellte Zimmermannswerkzeug, wie Klammer, Nutnobel, Hackmesser, hölzerne
Schraubzwingen, Hohlmesser, Äxte und Zirkel, so kann man sich nur wundern, mit welcher Geschicklichkeit die Handwerker vor mehr als 100 Jahren bei der Arbeit waren. Für heutige Verhältnisse fast undenkbar, mit welcher Genauigkeit damals Dachsparren gezapft und Pfetten geschnitten, und freitragende Dachkonstruktionen gesetzt wurden.

An die bäuerliche Ausrichtung  des Ortes in früheren Jahren erinnern Butterfass, Krauthobel, Flachsbrecher, Zuber und altes
Zinngeschirr.

Eine Dienstbotenehrung aus dem Jahr 1914 mit Uhrkunde und Medaille gehört ebenso zu den Exponaten wie
funktionstüchtige Spinnräder  und Taufkleidchen.

Schwere Truhen und bemalte Bauernschränke könnten sicherlich ein kleines Geschichtsbuch füllen.

Getreideschäffel liegen auf einer alten Anrichte, eine Fasspresse erinnert an das Handwerk der Küffner. Selbst  gebasteltes
Kinderspielzeug ist hinter einer Glasvitrine aufgebaut, wie ein Berg von Geldscheinen im Millionenwert. Es ist Inflationsgeld
aus den zwanziger Jahren, als ein Pfund Brot oft mehrere Millionen Mark kostete.

Eine Zimmerhälfte ist den Volkstrachten gewidmet. Ein stolzer Bauer steht mit seinen Ziehharmonikastiefeln und seiner
typisch Oberpfälzer Tracht mit silbernen Knopfreihen stumm neben einer Frau mit typisch gebundenen Kopftuch. Auf dem
Tisch davor liegen Gebetbuch, silberne Rosenkränze und allerlei Utensilien damaliger Volksfrömmigkeit. Sterbebildchen
erinnern an ehemalige Schmidmühlner, viele Bilder von Gefallenen und Vermissten stimmen nachdenklich.

Selbstgestrickte Baumwollstrümpfe liegen in einer Ecke fein säuberlich gestapelt, Porzellanpfeifen aus Urgroßvaters Zeiten
sind ebenso ein Blickfang, wie eine Geldkatze, ein Bauchgurt, in dem frührer die Geldstücke sicher verstaut waren.

Im Hergottswinkel hängen Heiligenbilder, stehen allerlei Engelfiguren und Kreuze, wie man sie früher in den Bäuern- und
Bürgerhäusern im Ort gefunden hat.

Ein Modell einer Glas- und Spiegelschleiferei, wie sie damals im Hammer, beim jetzigen Anwesen von Karl Böhm als auch in Emhof im Mühlhoferanwesen zu finden waren, zeugt von längst vergangener Handwerkskunst, als Glas aus Böhmen in unserer Region zu Spiegelglas geschliffen wurde.

Im Flur findet der aufmerksamen Betrachter neben einer Feuerwehrpumpe die mechanischen Läutwerke der Kreuzberguhr und Jakobuskirche aus Emhof.  Vereinsfahnen der Mauerer und Zimmerer, des Burschenvereins und der Freiwilligen Feuerwehr geben Zeugnis über ein blühendes gesellschaftliches Leben  im 19 Jahrhundert.

Zur Entstehungsgeschichte des kleinen Heimatmuseums weiß Lotte Hannewald zu berichten, dass zu Beginn der 70 ziger
Jahre die Räumlichkeiten im 2 Obergeschoss für eine Restaurierung des Landesamtes für Denkmalpflege geräumt worden. Bis zum Ende der sechziger Jahre hatten diese Räumlichkeiten Heimatvertriebenen als Wohnung gedient.

Die ersten Exponate des Heimatmuseums, so weiß sie zu berichten, wurden vom Heimat- und Volkstrachtenverein
Schmidmühlen und seinen Mitgliedern Ende der sechziger Jahre zur Verfügung gestellt.

Mit eigenen Beständen, die teilweise auf dem Dachboden eingelagert waren und weiteren großzügigen Spenden, wie auch von Franz Xaver Eichenseer, der im Jahre 1983 eine Vielzahl von Handwerksgegenständen kostenlos zur Verfügung stellte, konnte dieses kleine Heimatmuseum letztendlich aufgebaut werden.

Heute ist Schmidmühlen stolz auf dieses Kleinod, das alljährlich mit den Schmidmühlener Kulturwochen und seinen darin
abgehaltenen Ausstellungen eine neue Renaissance erfährt.

Kaum ein Klassen- oder Heimattreffen vergeht in Schmidmühlen, ohne dass dieses kleine Stück Schmidmühlener Heimat
besucht wird.

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