(Aus den Amberger Nachrichten vom 12.05.2001)
Schönheit liturgischer Geräte aus der Nähe erleben
Ausstellung „Dienende Pracht“ zeigt den Kirchenschatz der Pfarrei / Kelche, Monstranzen und Reliquiare zu sehen
Von Josef Popp
SCHMIDMÜHLEN. Mit einem gelungenen Auftakt startete der Kulturverein vergangenen Sonntag in den Kultursommer 2001. Bereits am kommenden Wochenende, genauer gesagt am Freitag, 18. Mai, und am Sonntag, 20. Mai, gibt es das erste „Highlight“ des diesjährigen Kultursommers: Mit Pfarrer BGR Georg Braun stellten Klaus Altenbuchner M. A. sowie Vorstandsmitglieder des Kulturvereins eine sicherlich hoch interessante Ausstellung zusammen. „Dienende Pracht - kirchliche Schätze (Liturgische Geräte: Kelche, Reliquiare und Monstranzen) der Pfarrei Schmidmühlen aus drei Jahrhunderten“ - so das Motto für die Ausstellung, die am Freitag um 19.30 Uhr mit einem Vortrag ihren Auftakt findet. Die Ausstellungsgegenstände stellt die Pfarrei Schmidmühlen bzw. Pfarrer BGR Georg Braun zur Verfügung.
Die Ausstellung, so die Planung, gliedert sich in die Typusgruppen Kelche, Reliquiare und Monstranzen. Klaus Altenbuchner, Kunstwissenschaftler aus München recherchiert nun bereits seit einigen Monaten in der Pfarrei Schmidmühlen. Und er verspricht eine interessante Ausstellung. Die Zeitspanne der Ausstellungsstücke - Werke von teils überregionaler Bedeutung - reicht dabei von etwa 1700 bis in die heutige Zeit. Ab der Barockzeit ist somit eine lückenlose Dokumentation der einzelnen kunstgeschichtlichen Epochen möglich, so dass die Ausstellung chronologisch erfolgen wird.
Kelche und Monstranzen sind für die katholische Religion wichtige sakrale Gegenstände der Liturgie und des christlichen Ritus. Ihre Schönheit und handwerkliche Qualität kann aber durch die ehrfurchtsvolle Ferne oft mehr erahnt als bewundert werden. Die Ausstellung „Dienende Pracht - kirchliche Schätze der Pfarrei Schmidmühlen“ gibt die Möglichkeit, die liturgischen Geräte, die sonst nur während der Messe, der Anbetung oder bei Prozessionen zu sehen sind, aus der Nähe zu bestaunen.
Trotz musealer Präsentation sind alle Ausstellungsstücke aber mehr nur als schöne Kunststücke. Oft war der Erwerb allein durch die Spendenbereitschaft der Pfarrmitglieder möglich. So beim Kreuzbergkelch, der zum 200. Jubiläum des Wahrzeichen Schmidmühlens unter anderem von der Münchner Landsmannschaft gestiftet wurde. Die Namen der Spender sind in diesem Kelch eingraviert. Interessant ist auch die Verarbeitung der Kelche. Obwohl viele Goldschmiedearbeiten in hellem Gold glänzen, war der Hauptwerkstoff des Goldschmieds Silber. Dieses Rohmaterial in Form eines Metallbleches wurde vom Goldschmied auf vielfältige Weise verarbeitet und erst zum Schluss vergoldet.



Kelche sind ein Schwerpunkt


Einen Schwerpunkt der Ausstellung bilden Kelche. Der Kelch ist bei der Feier der heiligen Eucharistie das Gefäß, in dem der Wein in das Blut Christi verwandelt wird. Auf Grund dieser herausragenden liturgischen Funktion kam der künstlerischen Gestaltung des Kelches seit den Anfängen des Christentums eine besondere Bedeutung zu. Zwar nahmen Mode, Stil und Geschmack Einfluss auf Gestalt und Dekoration des Kelches, seine Grundform hat sich allerdings durch die Jahrhunderte hindurch kaum geändert.

Bis heute besteht der Kelch aus dem Fuß, dem Schaft und der Kelchschale, der Cuppa. Am Schaft ist zusätzlich noch ein Knauf angebracht, der sogenannte Nodus, der einerseits das Halten des Kelches erleichtert, andererseits aber verhindert, dass die Finger des Priesters die Cuppa, das eigentliche Gefäß des Blutes Christi, berühren.

Die Ausstellung wird erstmals einen Überblick über den Schmidmühlner Kirchenschatz von der Barockzeit bis heute geben. Klaus Altenbuchner wird sich bei seiner wissenschaftlichen Ausarbeitung nicht nur auf die Beschreibung der Ausstellungsstücke beschränken. Er wird immer wieder Querverbindungen zu anderen Objekten aufzeigen, die sich in anderen Gegenständen in der Kirche, sei es an den Altären oder der Kanzel oder zum Beispiel auch an den Stuckwerken in den Schlössern in Schmidmühlen, wieder finden. So lässt sich sogar auf dem alten Grabstein an der Lauterachbrücke mit dem eingemeißelten Kreuz eine Verbindung zu einem der ausgestellten Kelche herstellen.


Viele Vergleichsbeispiele


Von den vielen interessanten Kelchen ist unter anderem der klassizistische Prunkkelch aus dem Jahr 1838 (München) erwähnenswert. Der Kelch ähnelt im Aufbau dem klassizistischen Floralkelch. Der obere Teil des Fußes ist in reichen Blattgirlanden (Festons) und Kränzen getrieben, die drei in Silber gegossene Medaillons mit Darstellungen der heiligen Familie umschlingen. Auf dem ersten Medaillon ist Maria mit dem Jesuskind zu sehen, auf dem zweiten Josef und Jesus und auf dem dritten alle zusammen.

Die Darstellungen der heiligen Familie auf diesem Kelch sind in ihrer Art etwas Außergewöhnliches und Besonderes. Denn vor allem die Kombination Josef mit Jesus ist in der Kunstgeschichte nur selten und erst im 19. Jahrhundert vermehrt anzutreffen. Diese Art der Darstellung steht im Zusammenhang mit dem weit verbreiteten Josefskult, der gerade im 19. Jahrhundert seinen Höhepunkt erfuhr. Während Josef wegen seiner problematischen Vaterrolle zu Jesus neben Maria nur ein Schattendasein vergönnt war, spielte diese Frage im 19. Jahrhundert keine Rolle mehr. Vielmehr wurde Josef nun als Vorbild des arbeitsamen und sorgsamen Familienvaters propagiert.

Auch für diesen Kelch lassen sich in Schmidmühlen Vergleichsbeispiele finden. Am klassizistischen Hochaltar der Pfarrkirche ähneln die Vasen über den Säulen der Balustervase des Kelches. Doch nicht nur im kirchlichen Bereich wurden diese Formen angewendet. Auch in die profane Kunst fanden Vasen, Festons und Girlanden Einzug. Ein schönes Beispiel dafür ist das „Wirtshauszeugl“ des ehemaligen Gasthauses „Zum goldenen Anker“. Auch dort zieren Festons und eine Vase das eiserne Schild. Das Wirtshauszeugl wurde 1840 von dem Schlosser Böhm aus Schmidmühlen angefertigt - also zwei Jahre nach diesem Kelch -, was zeigt, dass Schmidmühlen in modernen Dekorationsgeschmack der Residenzhauptstadt München in Nichts nachstand.

Nach derzeitigem Stand werden unter anderem folgende Exponate zu sehen sein: ein Kelch um 1720/1730, ein barocker Passionskelch um 1730, ein Rokokokelch um 1760, der neoromanische Kreuzbergkelch 1897, die Priminzkelche von Pfarrer Härtle, Pfarrer Otto Gillitzer und Pfarrer Georg Braun. Ausgestellt werden das Patroziniumsreliquiar mit den Reliquien des hl. Sebastian, hl. Erhart, hl. Emmeram und hl. Ägidius.

Zusammen gestellt und wissenschaftlich betreut wird die Ausstellung von Klaus Altenbuchner, die Organisation und Betreuung der Ausstellung hat der Kulturverein Schmidmühlen (Josef Popp, Richard Steinbauer) sowie Tobias und Marianne Fleischmann übernommen.

Auch über den Haupteingang zur Pfarrkirche Schmidmühlen gibt es Interessantes zu berichten.
Einer der Kelche, der in der Ausstellung zu sehen sein wird.
In Kirchen selten zu sehen ist Josef mit dem Jesuskind.
Interessant sind auch die Reliquiare. Fotos: Popp
 
Künstlerische Verbindungen bestehen z..B. zwischen der Machart der Kelche und jener von Altar und Kanzel.
Rätsel gibt der alte Grabstein an der Lauterach auf, wohl eines der ältesten beschriebenen Zeitdokumente in Schmidmühlen.
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