Bauarbeiten
zur Hochwasserfreilegung legen Stück Heimatgeschichte frei - altes
Brückenfundament aus dem 19. Jahrhundert aus dem Uferschlamm aufgetaucht
(vom 03.01.2007)
Die etwa zwei Meter langen, erdverschmierten Holzstücke
liegen unauffällig am Vilsufer. Sie sind schon etwas vermorscht, jetzt von
schlechter Qualität ragen sie nur etwas aus dem Schlammboden heraus. Doch dem
aufmerksamen und geschulten Auge von Ortsheimatpfleger Michael Koller fielen
sie gleich auf. Die „Holzfragmente“ gehörten zum Fundament einer
ehemaligen Vilsbrücke. Bis zum Jahre 1910 führte an diesem Ort die Brücke über
die Vils und für den geschichtsbewussten Ortsheimatpfleger war es nur eine Frage
der Zeit, bis diese Eichenstämme von den Baggern freigelegt wurden.
Seit nunmehr vier Jahren laufen die Bauarbeiten zur
Hochwasserfreilegung in Schmidmühlen. Wie keine andere große Baumaßnahme zuvor
veränderte sich in diesen Jahren das Ortsbild von Schmidmühlen. Häuser,
Brücken, Gärten und kleinere Gebäude verschwanden, neue Brücken, Bauwerke oder
Wege entstanden. Doch bei einem Blick in den historischen Bildband zeigt es
sich: Das Ortsbild veränderte sich auch in den vergangenen Jahrzehnten ständig.
Einen Beleg hierfür lieferten in den letzten Wochen die Bagger im Bereich der
Lauterachmündung – sie legten ein Stück Heimatgeschichte frei. Die
Eichenpfähle, die jetzt von den Baggern ans Tageslicht gehievt wurden, liegen schon mehr als einem
Jahrhundert im Uferbereich der Vils. Sie dienten einer alten Vilsbrücke als
Stützpfeiler für deren Fundament. Wann diese Brücke gebaut wurde, konnten die
Schmidmühlener Ortsheimatpfleger noch nicht genau ermitteln. Ein altes Foto,
das auch im historischen Bildband zu sehen ist, liefert den Beweis für den
ursprünglichen alten Standort. Er war etwa 30 Meter unterhalb der jetzigen
Brücke genau dort, wo jetzt die Eichenpfähle freigelegt wurden. Sicher ist nur,
dass diese Brücke vor 1900 gebaut wurde.
Man schrieb das Jahr 1909, als eines der schwersten und
verheerensten Hochwasser den Marktflecken am Zusammenfluss von Vils und
Lauterach heimsuchte. Dieses Jahrhunderthochwasser gab auch den Anstoß für die
ersten Planungen zur jetzt laufenden Hochwasserfreilegung. Im Jahre 1909
lagerten im Bereich des damaligen Bahnhofs große Mengen Holzstämme. Diese
wurden durch die Wassermassen mitgerissen und trieben auf der Vils
flussabwärts. Dabei beschädigten sie die Widerlager dieser „alten“
Vilsbrücke so sehr, dass diese nicht mehr genutzt werden konnte. Eine Lösung
musste gefunden werden. Diese wurde im Jahr 1910 realisiert. Die Brücke wurde
mit Flaschenzügen etwa 50 Meter flussaufwärts zu ihrem jetzigen Standort und
auf ein neues Fundament gezogen. Diese Standortverlegung war für die damalige
Zeit eine bemerkenswerte technische Leistung und für die Bürger von
Schmidmühlen sicher ein Spektakel. Im Zuge dieser Brückenverlegung wurde
übrigens auch die Hauptstraße verlegt. Der Rest des alten Fundamentes wurde
zurückgebaut, die Eichenpfähle blieben im Erdreich.
Einige dieser Eichenpfähle wurden teilweise durch den Bauhof
des Marktes Schmidmühlen gesichert und werden wenigstens als Fragmente im
Heimatmuseum aufbewahrt.
Ortsheimatpfleger Michael Koller mit einem
der freigelegten Eichenpfähle