Das Rotlicht bringt es an den Tag
Gelungene Inszenierung von "Der
Widerspenstigen Zähmung" durch die
Theatergruppen der DJD-Schulen
Es hat schon einen eigenen Reiz, wenn
Theatergruppen einer Mädchenschule ein
Stück spielen, in dem erzählt wird, wie
eine Frau von einem Mann domestiziert wird!
Chauvinismus, Chauvinismus, möchte man
rufen! So ein Frauenbild will nicht recht in die
Landschaft, in die Frauenlandschaft passen!
Richtig! Gott sei Dank haben die Theater- und
Tanzgruppen der Dr.-Johanna-Decker-Schulen unter
der Leitung von Sigrid und Peter Ringeisen den
Text der Komödie "Der Widerspenstigen
Zähmung" von William Shakespeare zwar
weitgehend beibehalten, aber ganz anders ernst
ernstgenommen, als dieser ernstgenommen werden
will. In einer wunderschönen, intensiv
gespielten Szene wird der ganz andere
Interpretationsansatz der Inszenierung deutlich:
Petruchio (Julia Frank / Conny Dobler) hat sich
von der kratzbürstigen Katharina (Kathrin
Lehnerer / Severine Martin) nicht abschrecken
lassen - sie zu zähmen ist für ihn ja
auch ein lukratives Geschäft. Als ihm die
Zähmung schon fast gelungen ist, fragt ihn
Katharina, was er denn anfangen wolle mit einem
dressierten Menschen. Die hellen Lichter
verlöschen, beide bleiben in rotes Licht
getaucht und in der jetzt folgenden Pantomime
werden die Fäden deutlich, die beide
verbinden: "An Fäden hängen wir alle
gegenseitig." Da wird dem Zuschauer klar, dass er
den (deutschen) Titel wohl falsch gelesen hat: Es
geht nicht um die Zähmung einer
Widerspenstigen, sondern es wird gezeigt, dass
das Zähmen ein rekursiver Prozess ist: Der /
die Zähmende und der / die Gezähmte
zähmen sich gegenseitig. In den
ausdrucksstarken Tanzeinlagen wird dies noch
einmal verdeutlicht. Diese Sicht hat der
Inszenierung insgesamt gut getan. Die Bühne
war shakespearehaft nur Bühne: Keine
Dekoration lenkte vom Geschehen ab. Der Zuschauer
konnte seine Phantasie in den Bühneraum
hineinprojizieren. Durch diese radikale Reduktion
gewannen die Details an Gewicht, auch ironisch,
etwa in der Schlussszene, wenn alle sich zum
Essen einfinden und ihnen das Essen in
Tupperdosen mit leuchtend bunten Deckeln serviert
wird.
Bewundernswert war wieder die Textdisziplin der
Spielerinnen: Es gab keine Textunsicherheiten,
was für die Textmenge der Hauptdarsteller
sehr erstaunlich war. Der Szenenbeifall erweckte
auch noch die letzte Spielfreude und alle
Spielerinnen fanden sich in ihre Rolle, ob es nun
die gar nicht so brave Bianca war (E. Heuberger /
L. Käufl) oder die schlitzohrigen Diener und
Herren oder die Handwerker und Witwen. Das
Stück wurde am Donnerstag und Samstag in
jeweils anderer Besetzung gespielt (daher die
beiden Namen!): Für diese Leistung gilt vor
allem dem Regisseur ein besonderes Lob, denn
doppelte Besetzung bedeutet doppelte Arbeit! Wir
freuen uns auf das nächste Jahr.
Anton Fütterer
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