Kafkas Labyrinth
"Projekt K" beim Theatertag am
Erasmus-Gymnasium
"K steht für Kafka und Projekt für die
Tatsache, dass man nicht weiß, was dabei
rauskommt", heißt es in der Vorankündigung
des Grundkurses Dramatisches Gestalten am
Erasmus-Gymnasium zu dem Stück "Projekt K".
Dieser Satz war sicher einige Monate vorher
formuliert worden, als man noch mitten in der
Probenarbeit steckte. Denn "was dabei rauskam",
konnte sich sehen lassen. Die Gruppe bot unter der
Leitung von Uta Löw einen spannenden
Theaterabend.
Die Aufführung lebte meist von der
körperlichen Ausstrahlung der Spieler, ihrer
gelungenen Raumzuordnung und dem durchwegs
angemessenen Timing. Man bezahlte freilich auch den
Preis für diese Abstraktion. Vieles war nur
für Kafkakenner ganz verständlich. Die
Mitwirkenden kennen jetzt "ihren" Kafka sicher in
allen Verästelungen, die Zuschauer nur zum Teil.
Aber vielleicht war dies so gewollt.
Ausgewählt hatte man die Texte "Wenn ein
Weilchen still ist", "Brief an Selma K", "Der Ausflug
ins Gebirge" und "Kleine Fabel", um nur einige zu
nennen. Diese sprechen verschiedene Facetten der
Welterfahrung Kafkas an: Sein "Wissen" um die
Vergeblichkeit des Tuns, dem Ausgeliefertsein an
irgendwelche höheren Instanzen, dem Wissen, dass
man sterben muss, dass man oft mit Wirklichkeiten
konfrontiert wird, die man nicht begreifen kann, dass
einem niemand in diesem Leben hilft, dass es ein
Mensch, der um Anerkennung ringen muss, ungeheuer
schwer hat. Durch das Labyrinth kafkaesker Deutungen
führte ein Ariadnefaden, dargestellt durch
Stefanie Schneider, die während des ganzen
Abends am roten Faden häkelte.
Am Ende führte er aber nicht aus dem Labyrinth
heraus, sondern verstrickte alle Mitspieler,
verschnürte sie zu einem Paket. Im
Gedächtnis haften blieb die Gruppenbildung im
"Gebirge", welche den Zwang, aber auch die Hilfe
durch die Gruppe bildlich exzellent transportierte,
aber auch die Gestaltung der "Kleinen Fabel". Sie
handelt von der Erfahrung der Ausweglosigkeit im
Leben, von der Erfahrung eingesperrt zu sein.
Hier verband der rollende Text, über einen
Beamer eingespielt, die Gruppe noch zusätzlich.
Machte aber auch deutlich, wie Kafka durch die
Gesellschaft und die Sprache eingesperrt war. Haften
blieb die Gestaltung des "Traumes", vor allem die
tiefenpsychologisch exzellent körperlich
umgesetzte Deutung des Grabes. Ob dieser Welt, in der
Menschen so leben müssen, geholfen werden kann,
ließen die Schüler offen.
Johann Ott
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