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Norwegen - Marokko und zurück

EG-Schüler bringen "Peer Gynt" auf die Bühne • Eindrucksvolles Welttheater mit Musik und Tanz


Bilder zur Aufführung

Der Taugenichts und Lügenbaron Peer Gynt kann in seiner Heimat sein Glück nicht finden, wird übers Meer nach Marokko und Ägypten verschlagen, kehrt schließlich von seiner Odyssee nach Hause zurück und findet ein stilles Glück bei der Frau, die ihm über Jahre hinweg treu geblieben ist. Dies ist in einem Satz die Handlung des "dramatischen Gedichts in fünf Akten", mit dem der norwegische Schriftsteller Henrik Ibsen 1876 seinen Weltruhm begründete. Uta Löw und Martin Trosbach bearbeiteten den Text, kürzten ihn und kombinierten das Drama Ibsens mit der noch berühmteren Musik von Edvard Grieg. Grieg hatte im Auftrag seines Freundes Henrik Ibsen das Drama als szenisches Oratorium ausgearbeitet; die sehr eingängigen, charakteristischen Sätze daraus, die er als zwei Orchestersuiten veröffentlichte, trugen wesentlich zu seiner Popularität bei.

Martin Trosbach, Musiklehrer am Erasmus-Gymnasium, passte die Musik den Möglichkeiten eines Schulensembles an, wobei er darauf achtete, dass die Musik die Bühnenhandlung unterstützte und verstärkte. Verschiedene Sätze unterlegte er mit Text, einige Chor- und Solistengesänge komponierte er selbst neu.

Dass ein solches Bühnenunternehmen mit dem Hauptdarsteller steht und fällt, versteht sich von selbst. Die Aufführung am Erasmus-Gymnasium stand. Michael Albrecht war ein sehr präsenter, energiegeladener Peer Gynt, der auch in den nachdenklichen Szenen überzeugte. Sogar bei den gesungenen Passagen machte er seine Sache gut - und mit einem Lied hat er auch gleich seinen ersten Auftritt: Mit einer Lügengeschichte, die er seiner Mutter Ase (mütterliche Entrüstung: Sophia Hörmannsdorfer) auftischt, stellt er sich dem Publikum vor, präsentiert sich als einer, der vor allem gefallen und beeindrucken will, gleichgültig, wie die Realität aussieht.

Auf der Hochzeitsfeier, die er anschließend besucht, geschehen zwei Dinge: Zunächst verliebt sich Solveig in Peer (sehr ruhig und selbstbewusst: Franziska Wiesner), und ihre in sich selbst ruhende Art beeindruckt ihn. Dieses Zusammentreffen wird dann dadurch überdeckt, dass er in betrunkenem Zustand die Braut Ingrid entführt (angemessen empört über diese Behandlung: Katharina Backhaus) - doch er lässt Ingrid danach gleich wieder allein, denn es wird ihm bewusst, dass auch er sich in Solveig verliebt hat.

Enttäuscht von sich selbst und unzufrieden mit der Welt lässt Peer Gynt sich nun von der Grünen verführen, der Tochter des Trollkönigs (trollhaft wild: Nina von Bannerfeld). Sie nimmt ihn mit in das Königreich ihres Vaters (als Trollkönig stimmlich und mimisch perfekt: Wolfram Rosenblatt); dort wird Peer bedroht und von den wilden Trollen angegriffen. Der Trollkönig stellt ihn vor die Wahl, Mensch zu bleiben und das Trollreich zu verlassen - oder seine Tochter als Frau zu behalten und dafür selbst zum Troll zu werden. Auf Peers Frage, wie das denn gehen solle, doziert der Trollkönig: »Draußen im Sonnenstrahl ruft man sich zu / Als heimlichste Weisheit: "Mensch, sei Du!" / Hier aber unter uns Trollen heißt klug / Geredet: "Troll, sei Du - Dir genug!"«

Also Peer Gynt soll sich entweder als Mensch weiter entwickeln und zu sich selbst finden oder zum Troll werden und damit in Selbstsucht verfallen, in puren Egoismus. Voller Unzufriedenheit mit der Menschenwelt legt er den "Trollschwur" ab - und die Szene endet in einem wilden Tanz, der erst abbricht, als im Tal die Kirchenglocken zu hören sind, die den Morgenfrieden einläuten. Die Kombination dieser beiden Szenen - erst der wilde, aggressive Tanz der Trolle, dann die friedliche, lyrische Morgenstimmung - ist einer der Glanzpunkte des wackeren Schulorchesters, das hier beide Stimmungen sehr ausdrucksstark zu vermitteln versteht.

Peer flieht aus der Trollwelt, um zu Solveig zu suchen, und auch die Drohungen der Grünen und ihr Appell, er müsse doch für seinen Sohn sorgen (ganz trollhaft-böser Nachwuchs: Thomas Rosenblatt), können ihn nicht zum Bleiben bewegen. - Nachdem Peer Gynt in der Heimat den Tod seiner Mutter erlebt, hält es ihn nicht mehr zu Hause und er zieht in die Welt hinaus; sein zunehmendes Alter zeigt sich in einem durchaus echt wirkenden Rauschebart und adäquater Gestik und Mimik. Doch auch da findet der ewig Suchende nicht sein Glück; er wird übers Ohr gehauen, ausgeraubt und ausgelacht.

Damit das Publikum nicht den Faden verliert bei all den Geisterwesen und geographischen Wechseln, verhilft immer wieder der Erzähler mit prägnant gesprochenen Kommentaren zum Durchblick (ungerührt: Benjamin Ibler).

Besonders in der Marokko-Szene zieht das Ensemble noch einmal alle Register: Nicht nur Peer Gynt, der sich hier als Prophet ausgibt, ist orientalisch gekleidet, sondern die ganze Bühne ist mit farbenprächtigen Gewändern gefüllt, in denen der Chor und die Tänzerinnen eine Dorfgemeinschaft darstellen. Edvard Griegs "Arabischer Tanz" wird von der Tanzgruppe zum Leben erweckt (Miriam Brummer, Eva Moosburger, Katharina Harth, Sabine Schiller, Maresa Wies und Anja Bogdanov); mit (hüft)schwungvollen Bewegungen und effektvoller (von den Schülerinnen selbst gestalteter) Choreographie wird Griegs Musik umgesetzt und man kann Peer Gynt gut verstehen, wie er angesichts der reizvollen Darbietung dahinschmilzt - besonders bei "Anitras Tanz" (verführerische Anitra: Eva Moosburger).

In Begegnungen mit dem Trollkönig und dem Tod (sehr passend ernst und doch lässig: Paul Weigl) wird Peer Gynt klar, dass er mit seinem Leben am Ende ist, wenn er nicht endlich einen Ausweg aus seiner Ich-Bezogenheit findet. Schließlich kehrt er zurück in sein Dorf - wo nach all den Jahren Solveig immer noch auf ihn wartet, ihm alles vergibt und ihn in Liebe aufnimmt. Im Wiegenlied, das sie ihm am Ende singt, kommt ihre klangvolle Stimme noch einmal gut zur Wirkung.

Begeisterter Applaus belohnte die zahlreichen Mitwirkenden, vor allem natürlich die Hauptdarsteller, aber auch die Mitglieder des Chors und des Orchesters, die sich aus Schülern aller Jahrgangsstufen zusammensetzten und die dem Stück durch ihre musikalische Begleitung eine ganz eigene Färbung verliehen. Zurecht gefeiert wurden auch die Lehrer, die das Werk einstudiert hatten; Uta Löw und Martin Trosbach konnten sich sogar über Lobgesänge ihrer Mannschaft auf offener Bühne freuen.

Peter Ringeisen