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Der Vogel und die Töchter des Sultan Ahmet

Staatliche Realschule brilliert mit einem Märchen, das auch eine Botschaft hat


Dass ein Vogel, der die Freiheit gewöhnt ist, in der Gefangenschaft verkümmern muss, ist eine der Botschaften von Andersens "Chinesischer Nachtigall"; dass auch Menschen, vor allem junge Mädchen, verkümmern, wenn man sie in der Familie gefangen hält, war die Botschaft des Stücks "Der Vogel und die Töchter des Sultans Ahmet", das von der Schulspielgruppe der Klassen 7-9 der Staatlichen Realschule Amberg im Rahmen der Amberger Schultheatertage 2003 aufgeführt wurde. Studienrätin Bettina Arens-Cakir hatte es unter Verwendung von Motiven des Andersenmärchens geschrieben und wunderbar in Szene gesetzt.

Der mächtige Sultan Ahmet (Sven Riedel) - der Ort des Geschehens wurde vom fernen Osten (China) in den nahen Osten (einem Märchenland aus 1000 und einer Nacht) verlegt - hat es nicht leicht mit seinen Töchtern Leyla (Verena Czisch) und Yasemin (Desiree Batek): Zwar sind die Prinzessinnen klug und schön, jedoch auch überaus eigensinnig. So nutzen sie jede Möglichkeit, der Kontrolle des Vaters und ihrem "goldenen Käfig" zu entfliehen.

Als der Sultan von einem Hoca/Lehrer (Barbara Lotar) erfährt, dass sich die Mädchen nachts mit einem geheimnisvollen Zaubervogel (Freya Garcic) treffen, der ihnen vom Leben jenseits der Mauern des Serail erzählt, gerät er außer sich vor Zorn. Er lässt seinen Diener Mustafa (Fabien Butz), der von all dem weiß, zum Tode verurteilen und ins Gefängnis werfen. Dort träumt er von seiner Geliebten, die ihm tanzend als Schatten erscheint (Hanna Cakir).

Die Mädchen erleiden ein ähnliches Schicksal. Der Vater sieht im ersten Augenblick nur die Rettung darin, seine Zwangsmaßnahmen zu verschärfen. Erst die Begegnung mit dem Tod (Melanie Spieß) und dem Zaubervogel führt zu seiner Umkehr. Nicht Macht und Machterhalt sollen Maxime seiner Regierungstätigkeit sein, sondern Güte. Seinen Töchtern gewährt er nun Freiheit. - Einleitung, Zwischentexte und Schluss wurden von Bahar, der Erzählerin (Anna Klez), vorgetragen, die in Prinzessin Sureya (Naomi Stewart) eine aufmerksame Zuhörerin fand, die, berührt vom Märcheninhalt, ihrem gefangenen Vogel auch die Freiheit schenkt.

Hervorzuheben sind, außer der Leistung der Schauspieler/innen, die viel Zeit geopfert haben, noch die faszinierenden, prächtigen Kostüme, die Musik und das einfache, aber eindrucksvolle Bühnenbild, mit dem es gelang, orientalische Atmosphäre in die etwas zugige Pausenhalle der Schule zu zaubern. Die gelungene Beleuchtung (Technik Christian Roith, Thomas Kaiser) verstärkte diesen Effekt.

Positiv überrascht war man von den Tänzerinnen (Laura Schwabl, Astrid Nette, Melanie Winter, Melanie Pröls, Andrea König, Bettina Meier), von der Farbigkeit der Kostüme, aber auch von ihrer tänzerischen Leistung. Sie mussten mit ihren Tüchern - ein glänzender Regieeinfall - den Vorhang ersetzen. Martialisch traten die Wachen auf (Michael Neiswirth, Martin Wendl, Felix Becker, Manuel Meier). Im Gedächtnis bleibt sicher auch die Katze, die den Thron besetzte, bei der alle Versuche, sie zu vertreiben, scheiterten.

Der Schulleiter, Realschulrektor Lothar Porsch, zog in seinen Begrüßungsworten die Parallele zum Irak. Er äußerte sein Entsetzen darüber, was in einem Krieg geschieht.

Das Stück hat das Bild eines Orients entworfen, welches seit 200 Jahren durch die Märchenübersetzungen in Europa bekannt ist. Der heutige nahe Osten dagegen ist ganz anders, wenn er auch diese kulturellen Wurzeln hat. Soll man solch märchenhafte Stücke heute daher noch aufführen? Ich meine: Ja. Denn einerseits hoffe ich natürlich, dass so ein Theaterstück Schüler/innen und nicht nur die Zuschauer/innen dazu verführt, genauer hinzusehen, genauer nachzufragen, wie es früher war und heute ist. Andererseits braucht auch die Seele Nahrung, die Phantasie, die in jedem schlummert. Deshalb benötigen wir auch solche Theaterstücke, vor allem wenn sie zusätzlich noch die Botschaft vermitteln: Menschen verkümmern, wenn sie nur nach Macht streben, die Freiheit dem anderen verwehren. Wer wollte dem widersprechen.

Der Theatergruppe sei geraten, sich bei den bayerischen Schulspieltagen zu bewerben.

Johann Ott