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Wenn Leichtsinn zur Unsterblichkeit führt

Erasmus-Gymnasiasten bringen den Ikarus-Mythos auf die Bühne - Ausdrucksstarkes Spiel


Amberg. Wenn man sich den Mythos von Ikaros und seinem Vater Daidalos zu Gemüte führt, dann fällt auf, dass entgegen aller Erwartung im Grunde Letzterer den "Star" darstellt. Ja, Daidalos war der Verursacher, der Erfinder, der Erbauer des minoischen Labyrinthes, der schlaue Kopf hinter dem berühmten Ariadnefaden und noch vielem mehr, sein Sohn Ikaros wurde nur durch den berühmten Absturz bekannt. Was zeigt, das schon in der antiken Mythologie bisweilen Unvernunft, Leichtsinn und das daraus resultierende, spektakuläre Ableben eher zur Unsterblichkeit führten, als Leistungen des menschlichen Geistes. Der besondere pädagogische Wert des Ikaros-Mythos scheint so wohl eher fraglich. Der literarische dagegen umso weniger, und so fiel es Uta Löw und ihrem Grundkurs Dramatisches Gestalten nicht schwer, gut ausgesuchte Texte von Ingeborg Bachmann, Ovid, Ernst Jandl, Bert Brecht Robert Musil und noch vielen mehr zu einer Szenencollage mit dem Ikaros-Mythos im Zentrum gekonnt zusammenzusetzen.

So gingen insgesamt 15 Einzelszenen mit dem doppelten Rahmen von "Maikäfer flieg", einer melancholischen Gestaltung des bekannten Liedes und einer auch wohlbekannten Flugzeug-Start-und-Lande-Szenerie am Anfang und am Ende der Vorstellung über die Bühne der Aula des EG. Die Bühne? Ja, die war zunächst leer, zu sehen waren ein Segelflugzeug im Sturzflug, ein Galgenstrick (der später gebraucht, aber nicht verwendet wurde) und ein Papierflieger, sonst nichts. Mehr war auch nicht nötig, denn die Schauspielerinnen und Schauspieler füllten in ihren einheitlich schwarz-weißen Kostümen mit wenigen, wechselnden Requisiten die Bühne und auch den Raum davor, der ebenfalls mitbespielt wurde, mehr als aus. So entstanden sehr wirksame Einzelbilder, auf allzu viel Text wurde verzichtet, die Inszenierung lebte von ihrer szenischen Spannung und dem ausdrucksstarken Spiel der Mimen, wobei dem Zuschauer die Sache nie leicht gemacht wurde, es blieb Raum zum Rätseln, Raten und einfach zum Schauen. Besonders eindrucksvoll in ihrer bildlichen Kraft erwiesen sich die Szenen "Krebse und Tintenfische", "Schneider von Ulm" und "Robert".

Am eindrucksvollsten jedoch war die Professionalität, mit der die Schüler des gk dram zu Werke gingen: Da es angesichts der äußerst geschlossenen Ensembleleistung unmöglich ist, einzelne herauszugreifen, seien hier einfach alle genannt: Es spielten Marion Ascherl, Benedikt Etzold, Johanna Köllinger, Eva Moosburger, Nathalie Nemecek, Madeleine Püttner, Verena Saurenbach, Uli Schneider, Franziska Werner, Maresa Wies und Sabine Wöhner auf gleich hohem Niveau. Was blieb, war sehr lang anhaltender Applaus und der Eindruck einer sehr dichten, wirksamen und beeindruckenden Schultheater-Vorstellung. Und die Erkenntnis, dass es für die Unsterblichkeit doch manchmal besser ist, nicht auf seinen Vater zu hören.

Christoph Althaus



Amberger Zeitung am 18. Juli 2005