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Spot(t) an für eine regionale Theaterszene voller Ideen

Spontan-Theater-Tag des Kulturvereins: Davon darf es a bissl mehr sein
Wen wundert's? Steinl-Teams sahnten ab

VON SIGRID MERKL

Amberg. "Darf's a bissl mehr sein?"- was den Teilnehmern zum 1. Amberger Spontan-Theater-Tag (kurz: SPOTTeins) einfiel, konnte sich durchaus sehen lassen. Der Kulturverein Amberg e.V. hatte das Thema als Frage formuliert und breit genug angelegt. So konnten die Theatergruppen aus Stadt und Landkreis, die sich zum Wettbewerb angemeldet hatten, alle etwas damit anfangen. Am Sonntag um 10 Uhr wurde das mit Spannung erwartete Thema bekannt gegeben. Über die Bandbreite der Antworten, die im Laufe des Tages gefunden wurden, waren die Akteure am Abend selbst erstaunt. Nicht alle waren der Ansicht, dass es "a bissl mehr" sein darf. Ganz im Gegenteil: Manche von ihnen wehrten sich auf der Bühne des Club Habana mit Händen und Füßen gegen die offenbar als allgegenwärtig empfundene Übersättigung.

Der Aufgabe stellten sich immerhin sechs Gruppen: die beiden Theatergruppen des Dr.-Johanna-Decker-Gymnasiums unter Leitung von Peter Ringeisen, die Theatergruppe des HCA-Gymnasiums Sulzbach-Rosenberg mit Winfried Steinl, die Theatergruppe "Spontan" aus Hahnbach mit Manfred Prasse als Leiter und Irmgard Buschhausen als Regisseurin, ferner "Kollektiv" mit Cindy Michel als Mittelpunkt und "Rampenfieber", Steinls freie Theatergruppe.

Pünktlich um 19.30 Uhr versammelte sich die Jury im Club Habana. Gewöhnt, dafür zu sorgen, dass Andere im Rampenlicht stehen, kamen sich Vroni Hein, Leiterin der Stadtbibliothek, und Theaterberaterin Christiane Schmidt ein bisschen vor "wie die Hühner auf der Stange", wie sie da mit Studiendirektor Anton Fütterer, Oberstudienrat und "Amberger Künstler" Achim Hüttner, Kulturfachkraft Wolfgang Dersch und Katl Köpnick vom Kulturverein in einer langen Reihe saßen. Letztlich waren ihnen aber Spannung und Freude an den Gesichtern abzulesen.

Team 1 des DJDG/Foto: djd19.30 Uhr: Der Countdown für die erste Gruppe läuft. Team eins des Dr.-Johanna-Decker-Gymnasiums zeigt kurze Szenen mit friedlichen, in Kerzenlicht getauchten Akteuren, die sich in Handgemenge verwickeln und schließlich gegenseitig verprügeln. Dann nehmen sie die zuvor auf den Boden gestellten Lichter wieder auf, so als sei nichts gewesen, obwohl sie doch zuvor Orte des Grauens und die Zahl der dort jeweils getöteten Menschen hergesagt hatten. Julia Heuberger dazu: "Wir sehen das Licht als Verstand. Dass man ihn praktisch abgibt, wenn man das Licht abstellt." Und die Message? "So was wollen wir nie wieder haben."

Acht Mauerblümchen betreten die Bühne und winden sich. Es ist die Theatergruppe des HCA-Gymnasiums. Aus dem verschüchterten Getue fällt sie allmählich ins andere Extrem. Es wird wild herumgetanzt, gekreischt und gegackert. Dazwischen fallen moralische Sinnsprüche der simpelsten Sorte wie "Wir wollen ja alle immer mehr". Nachdenklichkeit wird hinweggegackert, so dass es beim Lippenbekenntnis bleibt.

"Theater Spontan" hat sich nicht einzelne Szenen, sondern ein komplettes Stuck ausgedacht. Es spielt vor der Vorstellung von "Faust", zu der ein Burgschauspieler anreisen soll. Aber es kommt nur sein Sohn und das ehrgeizige Unternehmen endet im Chaos. Noch mehr Chaos gefällig? Nein danke! Durchsetzt sind die Reden der einzelnen Darsteller, sprich: Selbstdarsteller, von literarischen Zitaten aus der Belletristik, die das lächerliche Flair provinzieller Ambitioniertheit noch unterstreichen - umsonst sich aufgebrezelt, umsonst sich in Pose geworfen: der Sturm im Wasserglas verpufft.

Ein Extrablatt hat die Theatergruppe um Cindy Michel zu Beginn ihrer Vorstellung ans Publikum verteilt. Wie es dann doch noch zum aufgeführten Stück bzw. dem hautnahen Kampf zwischen Engelchen und Teufelchen kam, die abgeklärt auf der Bühne zu pokern wussten, sei einmal dahin gestellt. In der Sonderausgabe steht nämlich neben aktuellen News zu Armageddon zu lesen, dass man sich schwer abgekämpft hat mit den Ideen, die zunächst im Vergleich zum Weißwein eher spärlich geflossen waren. Zitat ,,Extrablatt": "Die Sonne zaubert ein angenehmes Licht in den Raum. doch niemand realisiert den wunderbaren Tag, der vorbeiziehen wird wie alle anderen vor ihm." Aber dann doch ein paar Inspirationen: "Hey, wir haben schon einen geilen Anfang. Wer weiß. wo die anderen grad sind. Vielleicht in einem kleinen Boot am Meer."

Team 2 des DJDG/Foto: djdTeam zwei des Dr.-Johanna-Decker-Gymnasiums kam leicht in Schwung, flog ein weggestoßener Stuhl im ehelichen Zweikampf doch fast dem Publikum um die Ohren. Dieses nahm's gelassen und grüßte mit begeistertem Szenenapplaus. Auch die Message kam an: In der Liebe, ja in der Liebe, da darf es immer noch ein bissl mehr sein, und - entnervt - "wie ich jetzt mindestens schon fünf Mal gesagt hab". Das kam dann doch ziemlich spontan rüber und genügte für einen dritten Platz.

Das HCA schaffte es auf Platz zwei, und auch "Rampenfieber" sahnte ab. Konnte die freie Steinl-Truppe schon mit drei ausverkauften Vorstellungen bei "Marat-Sade" kräftig in die schwarzen Zahlen hineinwirtschaften, holte sie bei "SPOTTeins" gleich noch den mit 300 Euro dotierten ersten Preis. Konsequent variierten sie das Thema vom Bisschen mit gefletschten Zähnen über ein bisschen "Meer", sprich: kurzer Salzwasser?-Dusche aus der Flasche, hin zum konvulsivischen "Mehr" einer Fressorgie mit rohen Bratwürsten.

"Darf's a bissl mehr sein?" Auf gar keinen Fall, befanden denn auch alle Rampenfieber-Leute wie aus einer Kehle. Abgesehen von Winnie Stcinl, der im Parkett hoch erfreut eines der übrig gebliebenen Würstl mampfte. Die waren nämlich gar nicht roh, sondern vorgebrüht oder so. Dass es den Winnie vor gar nichts grause, wie ein Kollege mutmaßte, stimmt also nicht. Aber vor der vielen Arbeit mit seinen "Schülern" graust ihn offenbar ebenso wenig wie Peter Ringeisen vom DJDG. Beide hüpften während der Proben emsig zwischen jeweils zwei Gruppen hin und her, um hier eine Anregung, dort einen Tipp zu geben So darf man mit Christiane Schmidt hoffen, "dass es auch SPOTTzwei, drei und vier geben wird".






Amberger Nachrichten vom 16. November 2004

Artikel über diese Veranstaltung in der Amberger Zeitung