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Die Verrücktheiten des Verliebtseins

Auftakt der Schultheatertage an Decker-Schulen
mit Shakespeares "Wie es euch gefällt"


Fotos von der Aufführung Amberg. Dass sich nicht jedes Stück von Shakespeare für die Schulbühne eignet, ist fast ein Gemeinplatz. Denn jeder verantworliche Spielleiter wird sich davor hüten, die Shakespeare-Szenen, die eher an "Pulp fiction" oder Horrorfilme erinnern, Schülern zuzumuten. Manche Texte verarbeiten auch nur Themen des Alters. Was dann aber bleibt, sind eher die Komödien, die ihren Witz aus der Verwechslung beziehen oder auch aus den "Verrücktheiten" des Verliebtseins.

Begeisterung spürbar

Schultheaterleiter greifen hier gerne zu, Schüler/innen sind begeistert, wenn es neben den Verwechslungen auch noch um Liebe, ihr Thema (!), geht - wenn auch bei "Romeo und Julia" mit tragischem Ende. Diese Begeisterung kann eine Aufführung tragen, springt über, nimmt den Zuschauer mit, wie es auch bei der 1. Vorstellung der " Amberger Schultheatertage 2008" mit "Wie es Euch gefällt" an den Dr.-Johanna-Decker-Schulen zu spüren war. Es war eine Freude, den Spielerinnen zuzusehen, mit welcher Begeisterung sie auf der Bühne standen, mit welcher Spielfreude und Spaß sie manchen Versprecher bewältigten. Alles Mädchen oder junge Frauen! Zu Shakespeares Zeiten mussten alle Rollen von Männern besetzt werden. Hier war es mal umgekehrt, hier hatten die Frauen die Hosen an.

Begeisternd war die Textsicherheit der Spielerinnen - manche standen ca. 2 Stunden auf der Bühne - überzeugend auch die Besetzung der Rollen durch den Spielleiter. Bei 30 Mitwirkenden wird es wohl schwierig, alle Namen aufzuzählen. Sicher, manche Person war überzeugender in der Darstellung der Rolle, konnte auch auf längere Theatererfahrung zurückgreifen, hatte auch die Möglichkeit, sich durch einen längeren Text besser darzustellen. Aber Schultheater verfolgt ja auch einen pädagogische Zweck, manche "Schauspielerin" muss und wird sich erst entwickeln.

Der richtige Schwerpunkt

Der Inhalt des Stückes ist etwas verwirrend. Doch handelt es von den Themen, welche die Leute damals und heute sehen woll(t)en. Damals ging man ins Theater, heute schaut man sich die "Daily soap" an: "Dahoam is dahoam" und sei es im "Ardenner Wald". Einerseits geht es, wie schon gesagt, um die "Verrücktheiten" der Liebe. Da wird der Eine zum Dichter, der Andere zum Melancholiker. Andererseits geht es auch um Geschwisterrivaliäten oder auch um das Verhältnis zur "besten Freundin", um männliche und weibliche Verhaltensmuster. Darum, was uns davon angeboren oder anerzogen ist, um die Zwänge innerhalb der Gesellschaft und der Freiheit der "Blumenkinder" in der Schäferwelt, aber auch um die oft irrationalen Machtspiele der Erwachsenen. Das alles wird dann noch "geerdet" durch die Melancholie des Philosophen Jacques. Wahrlich ein bunter Strauß, manche "Blume" versteckt sich noch, die Reihe könnte man noch weiter führen.

All das ist für eine Profibühne schon nicht zu schaffen, geschweige denn für eine Schulbühne. Schwerpunkte muss jeder Regisseur setzen und man spürte, dass Ringeisen hier zurecht das Thema "Liebe" ausgewählt hatte. Aber größerer Mut zur Umarbeitung, Mut zu Streichungen und stärkerer Neuformulierung des alten Textes, die Ansätze waren doch überzeugend, hätten dem Abend gut getan. Dann hätte man vielleicht auch Zeit gehabt, bei allen Szenen aus dem "Hörspiel" ein "Schauspiel" zu machen. Shakespearestücke sind lang. Das weiß ich aus eigener Erfahrung und nachher ist man immer klüger. Meist reicht die Probenzeit dann doch nicht, Peter Ringeisen hat es sicher selbst gemerkt.

Überzeugende Liedeinlagen

Ein weiteres Problem: Es ist zwar inzwischen fast ein Markenzeichen des Schulspielleiters, auf Bühnenbild und Kostümausstattung zu verzichten, allein der Lichtmodulation und der Körpersprache der Darstellerinnen zu vertrauen. In vielen Inszenierungen hat sich dies bewährt. Ich denke hier nur an den Molière. Es ist auch richtig, deutlich zu machen, dass Theater kein Film ist, Kostüm und Requiste auf der Bühne eine andere Funktion haben, der Schauspieler im Mittelpunkt steht. Bisweilen drängte sich mir aber der Eindruck auf, dass er seine hervorragende Truppe doch etwas überfordert. Es gehört schon einige Bühnenpräsenz dazu, den "leeren Raum" zu gliedern oder gar auszufüllen. Manchmal half die Beleuchtung, aber eben nur manchmal. Vielleicht erinnert er sich in Zukunft an seine Anfangsjahre, die nicht so spartanisch waren. Gut gefallen haben die Liedeinlagen mit Kompositionen aus der Renaissancezeit, die an den richtigen Stellen für Ruhe in der Hektik des Geschehens sorgten.

Sigrid Ringeisen hatte, wie schon die letzten Jahre, sehr überzeugende Tanzeinlagen choreographiert, die gleichsam das Sahnehäubchen - oder die geschäumte Milch - auf dem insgesamt doch wohlschmeckenden Cappucino waren.

Johann Ott



Amberger Zeitung am 12. März 2008 (dort etwas gekürzt)