hostasxeng
Home
hostasxeng
Archiv
hostasxeng
Link-Liste
hostasxeng
aktuell
hostasxeng
Forum

: hostasxeng :



AZ   MZ

Auch Hennen können Heldinnen sein

Der Grundkurs Dramatisches Gestalten des Erasmus-Gymnasiums zeigt "Heldinnen"


Amberg. Was kann man tun, wenn ein Grundkurs plus Theatergruppe rein aus Mädels besteht, die literaturwissenschaftliche Terminologie wieder mal maskulin geprägt ist ("Hauptheld" - Dz!) und die Spielleiterin obendrein auch eine Frau ist? Man schafft sich einen "Quotenmann" an, schließlich braucht es ja heute immer noch sog. "Gleichstellungsbeauftragte", und produziert "Heldinnen" - so geschehen am Erasmus-Gymnasium im Schuljahr 2007/2008, aufgeführt am 17.06.2008 dort in der Aula.

Die Idee ist so einfach wie wirkungsvoll: Neun ausnahmslos starke Frauengestalten wählte der Grundkurs Dramatisches Gestalten unter der Leitung von Uta Löw aus, teils aus der Literatur, teils aus der Historie, wählte Texte von oder über diese Heldinnen, schrieb dazu, kürzte, strich und inszenierte - fertig war eine durchaus feminine Szenencollage, die es in sich hatte. Der Klebstoff dazu, um im Bild zu bleiben, kam übrigens von einem Mann, Thomas "Tommi" Rosenblatt verband die Szenen durch seine Moderation, erläuterte und baute auch um, ein echter Arbeiter eben, im so verkehrten Bienenstaat der Heldinnen.

Die Reihenfolge der Szenen war sowohl chronologisch wie auch dramaturgisch bedingt. Begonnen wurde mit Sappho, der berühmten Lyrikerin von Lesbos, eine Choreographie zu ihren Gedichten mit guter Wirkung bildete den Auftakt, dicht gefolgt von einer weiteren Frau der Antike, von Antigone. Attisch-drastisch agierten die Spielerinnen in dieser Szene, die Heldin selbst als Kind mit Eimerchen auf der Bühne - aber weimaranische Humanität sucht man in der griechischen Tragödie nun mal vergeblich. Nun ging es nach Frankreich, Jeanne d'Arc wurde hier mithilfe einer schönen Bühnenidee verbrannt, denn das Feuer entstand durch knisternde Zeitungen, aus denen vorher das Urteil verlesen wurde.

Die nun folgenden drei Bilder im Mittelpunkt der Aufführung waren eher heiterer Natur: Zunächst Schiller, Maria Stuart, das berühmte Aufeinandertreffen der Königinnen, hier eher klamaukig gestaltet als Hennenkampf mit Fan-Gejohle; die Zuschauer nahmen es jedoch begeistert auf. Danach: Sissi, eine sehr schön-skurrile Szene, in der eine geklonte Kaiserin vor Gericht mit einer Tourismusmanagerin auftritt. Das burleske Intermezzo wurde abgerundet durch Rosa Luxemburg, dargestellt durch eine Demo mit "Internationale".

Ein noch nicht ganz ernstes, aber schon ruhiges Scharnier zum Abschluss des Abends wurde durch drei Theater-Bilder vor Original-Bildern der mexikanischen Malerin Frida Kahlo wirkungsvoll realisiert, bevor dann rein pantomimisch Anne Frank die Bühne einnahm, im Hintergrund eines geräuschvollen Büros versteckt. Sie und die letzte Heldin des Abends könnten heute noch leben, doch auch Sophie Scholl wurde Opfer, aber auch Heldin einer Zeit, in der das echte Heldentum zur Kriegsgroteske pervertiert wurde. Die Zuschauer sahen die bekannte Flugblattaktion, mit Zitaten durchsetzt, ein gefühlvoller Abgesang eines Abends ohne Längen.

Denn agiert wurde in unterschiedlichen Rollen durchwegs überzeugend, von Katharina Gmehling, Susanne Mellert, Nicola Schlosser, Constanze Schneider, Bettina Adamczyk, Agnes Birner, Johanna Köllinger, und Monika Müller. Sie sorgten für einen sehr heterogenen und somit immer kurzweiligen Theaterabend, der auch beim Publikum gut ankam. So wurden die Miminnen am Ende selbst zu Heldinnen, die im Schlussapplaus strahlten.

Christoph Althaus



Amberger Zeitung am xx. Juni 2008