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Ein toller Abend mit "dem tollsten Tag"

Der Grundkurs "Dramatisches Gestalten" des Gregor-Mendel-Gymnasiums bringt eine Neugestaltung von Figaros Hochzeit auf die Bühne


Fotos von der Aufführung Amberg. Kein Orchestergraben, kein Gesang, keine Operngläser und samtbespannten Logen erwarteten am Donnerstagabend um 19.30 Uhr die Gäste der Schultheateraufführung "Der tollste Tag oder Figaros Hochzeit" von Peter Turrini, die der Grundkurs "Dramatisches Gestalten" vom GMG unter der Leitung Christoph Althaus inszenierte. In einer mit Neonlicht erstrahlten nüchternen Mensa beobachteten die Zuschauer zu Beginn der Aufführung modern gekleidete Menschen die Guckkasten-Bühne säubern. Anschließende Kulisse - ein mit rotem Stoff verhüllter Stuhl - denn ganz im Stil der großen Bühnen verzichtete auch die Schülertruppe auf Illusion durch Bühnenbilder, sondern präsentierte das moderne und sehr kritische Stück von Peter Turrini mit Fokus auf ihre schauspielerischen Talente.

Der überaus eloquente, kluge und witzige Figaro, erstklassig, sympathisch und mit viel Charme von Tuncer Ayten gespielt, freit um die reizende Susanne, die Johanna Foitzik elanvoll, spielerisch und sprachlich exzellent in Szene setzte. Doch der arrogante Graf Almaviva, den Alexander Gräfenhahn im weißen Anzug mit einer ganzen Palette unterschiedlichster Emotionen überzeugend darzustellen wusste, fordert vor der Genehmigung zur Hochzeit zwischen seinem Kammerdiener Figaro und Susanne das Recht der ersten Nacht, obwohl er dieses im Vorfeld abgeschafft hatte. Dem Grafen voraus eilt immer sein Diener, gespielt von Florens Winkler, um die Liste der Errungenschaften seines Herrn zu verkünden. An der Seite des Grafen schmieden Bazillus, die Marcelline und Bartholo aus unterschiedlichen Gründen ein Komplott gegen den armen Figaro, um ihn an der Hochzeit mit seiner Geliebten zu hindern. Der hagere Bazillus, gegeben von Philipp Ziebell, verkörperte absolut glaubhaft die Bösartigkeit in Person. Aber auch Marcelline, im Stück eine 70-jährige lüsterne Alte, die es auf Figaro abgesehen hat, wurde gekonnt kühl von Lea Rossow im hautengen Domina-Kostüm mit Reitgerte umgesetzt. Immer an ihrer Seite - Lucas Kreuzer mit gezücktem Taschentuch im nasal-gelangweilten Tonfall - , der die aristokratische Überheblichkeit des Bartholo deutlich herauskehrte.

Auf der Seite der Liebenden greift die Gräfin Almaviva in die Handlung ein, da sie sich seit langem von ihrem Mann betrogen sieht, und seine Liebe gewinnen will. Im schwarzen Abendkleid mit Brilliantschmuck präsentierte diese sehr tragische Figur Luisa Megele, ganz im Stil einer der Etiquette folgenden Dame. In Susannes Kleid soll sie im dunklen Park ihren Gatten täuschen, damit man ihm des Ehebruchs überführen kann. Als Nebenhandlung wird in das Verwirrspiel um Verkleidungen zusätzlich die Gestalt des Weiberhelden und Pagen Cherubin eingeführt, der aufgrund eines Techtelmechtel mit einer Magd, vom Grafen zum Militär versetzt wurde, jedoch von Susanne und der Gräfin als Frau verkleidet versteckt wird. Stefan Merkel konnte den Sunnyboy Cherubin selbst im bunt bedruckten Kleidchen noch überzeugend verkaufen und ließ durch sein Muskelspiel nicht nur das Herz der Gräfin Almaviva höher schlagen. Fast ertappt wird Cherubin, als der betrunkene Gärtner Antonio, lallend von Daniel Kimball gespielt und ein echter Publikumslacher, beteuert, er hätte einen als Frau verkleideten Mann aus dem Fenster der Gräfin springen sehen.

Im zweiten Teil nach der Pause verkehrte sich das sprachwitzige Stück in eine ernste Tragödie. Anders als in Mozarts Original verkehrt Turrini die Komödie und betont, dass der Witz keine Waffe mehr sei, wenn die Gewalt die Tatsachen schaffe. Demnach erwartete die Gäste auch kein Happy-End. In einer Gerichtsverhandlung, geleitet von dem bestochenen Don Guzmann di Stibizia, den Frank Amann als trockenen, steifen "Diener des Rechts" inszenierte, wird Figaro zur Hochzeit mit Marcelline gezwungen. An Don Guzmanns Seite stets der unterwürfige Zettelkopf (Dennis Schmidt). Um ihren Geliebten aus dem Urteil zu entbinden, bietet sich Susanne dem Grafen an, wird von diesem jedoch durch Prügel gezwungen, sich abwehrender beim Geschlechtsakt zu verhalten. Figaro greift ein und tötet beim folgenden Handgemenge den Grafen. Susanne und er flüchten anschließend. Die Gräfin findet ihren toten Gatten und beschließt mit dem ebenfalls erscheinenden Cherubin aufs Land zu flüchten. Doch dieser verneint und zerstört das Bild ihrer gemeinsamen Zukunft mit der Tatsache der bestehenden Realität, in der eine Liebe zwischen ihnen unmöglich ist.

Vor allem die zwei Hauptfiguren Susanne (Johanna Foitzik) und Figaro (Tuncer Ayten) bestachen durch ihr schauspielerischen Talent und zeigten, auf welch hohem Niveau Schultheater stattfindet. Die Zuschauer bedankten sich für den tollen Abend mit einem kräftigen und lang anhaltenden Applaus.

Diana Schneider



Amberger Zeitung am 14. April 2008