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Frosch mit Burnout

Decker-Schüler bringen Dornröschen auf die Bühne


Fotos von der Aufführung Amberg. Kennen wir es nicht so:" An dem Mädchen aber gingen alle Wünsche der weisen Frauen in Erfüllung. Es war so schön, bescheiden, freundlich und klug, dass es jeder liebhaben musste."

Da hätten sich die Gebrüder Grimm aber die Augen gerieben und ganz schön gewundert über die Hauptdarstellerin (Sandra Fornol) in "Dornröschen", der Amberger Schultheateraufführung in den Johanna Decker - Schulen durch die Schulspielgruppe I.

Die Eigenproduktion mit dem Untertitel "Romantisch? Klassisch? Komisch?" setzte auf effektvolle Szenen. Der Frosch (Lisa Bleisteiner) mit seiner tierisch guten Kostümierung wurde nicht postwendend wieder in den Brunnen verbannt, sondern war zur Freude des Publikums während des ganzen Stückes zu bewundern und avancierte zum Fädenzieher. Unter anderen mit Beifall bedachten Aktionen suchte er im Publikum zur gegebenen Zeit nach dem einzig wahren Prinzen (Lea Hefter), der im Übereifer mit "Rapunzel lass dein Haar herunter" auf die falsche PIN setzt, aber dann mit brachialer Gewalt, begleitet von "Schnipp - schnapp - Hecke ab!", sich in nicht zu bremsender Weise zu Dornröschen durchwurschtelt. Allerdings muss der Frosch die entscheidende Hilfestellung leisten, weil der Prinz sich bei dem belebenden Kuss als zu patschert erweist.

Nach dem Fluch der 13. Fee - Dornröschen soll sich im 15. Lebensjahr an einer Spindel stechen und tot umfallen - nehmen die zwölf überlisteten Feen das Königskind als Ersatzmütter in ihre Obhut. Trotz aller gutgemeinten Erziehungsmaßnahmen und einer Geschenkeflut zum 16. oder doch zum 15. Geburtstag - es weiß niemand so genau - outet sich die Prinzessin als verzogener Fratz, der lieber heute als morgen das städtische Highlife gegen die ländliche Tristesse im Hause der Feen tauschen würde. Ihr als Verzweiflungstat zu wertender Versuch, dem Frosch einen Kuss zu rauben, um mit ihm als Prinzgemahl ein ihr adäquat scheinendes Leben führen zu können, erzeugt beim Opfer ein Burn-out-Syndrom, wonach der Frosch das rettende Weite sucht. Auch das widerrechtliche Aufsetzen der überdimensionierten, Ehrfurcht heischenden Krone ihres königlichen Vaters mit dem Begehren, eine Königin sein zu wollen, endet im Fiasko.

Zum Schluß kommt doch noch alles, wie es kommen muss. Dornröschen findet im elterlichen Schloss ins Turmzimmer, nachdem sie die von Anna-Lena Käsmann eindrucksvoll pantomimisch gespielte Tür mit der nur dem Märchen eigenen Argumentation überwunden hat und fällt synchron mit den übrigen Bühnenakteuren in den hundertjährigen Schlaf.
Bei dem Remix agierten unter der Leitung von Andreas Hilgart und Veronika Thomann in großer Anzahl Eleven, die bei ihrem ersten Schnuppern der Bühnenluft mit ihren humorvollen Einfällen und ihrem ungekünstelten Auftreten zum Amüsement des dankbar applaudierenden Publikums beitrugen.

Edgar Dietl





Amberger Zeitung am 01. Juli 2009