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Welt im Hühnerhof

"Romulus der Große" am Max-Reger-Gymnasium


Amberg. Schülertheater hat einen eigenen, einen ganz besonderen Charme. Vor allem wenn sich eine Theatergruppe an ein "richtiges" Stück wagt wie die Truppe des MRG mit ihrer Regisseurin Diana Schneider. "Romulus der Große", Friedrich Dürrenmatts "ungeschichtliche historische Komödie", bietet sich mit ihren skurrilen Szenen, den witzigen, aber auch tiefgründigen Dialogen als Spielwiese für jugendliche Mimen da geradezu an.

Dem Untergang geweiht

Mittels antiker Gipsskulpturen auf der Bühne wird der Zuschauer in das Jahr 467 n. Chr. versetzt. Das römische Imperium ist dem Untergang geweiht. Der Reiterpräfekt Spurius Titus Mamma (Wolfgang Preuß), der als Running Gag immer müde durchs Stück taumelt, verkündet es mit dem Schreckensruf: "Die Germanen kommen!" Doch an den Kammerdienern Achilles (Julia Haus) und Pyramus (Julia Kalb) vorbei zu kommen, ist unmöglich: Romulus, der letzte römische Kaiser (Jan-Marco Müllner), ist mit der Hühnerzucht beschäftigt und darf nicht gestört werden. Ihn interessiert nur die Frage, ob seine Hühner Augustus, Domitian, Marc Aurel und Co. ein Ei gelegt haben. Von allen Seiten wird der Herrscher bedrängt, das Imperium zu retten: von seiner mal zickig, mal hochdramatisch agierenden Frau Julia (Christina-Marie Hanke), dem martialischen Kriegsminister Mares (Florian Schaudig) und dem Innenminister Tullius Rotundus (Alice Kerschbaum). In diese turbulente Szenerie platzt dann auch noch der überkandidelte oströmische Kaiser Zeno der Isaurier (Anna Weskamp) mit seinen protokollgeilen Kämmerern Phosphoridos (Charlotte Droth) und Sulphurides (Marlene Peter) herein und bittet in Romulus´ Hühnervilla um Asyl. Romulus indessen verscherbelt seelenruhig die letzten Kunstschätze des Imperiums an die geschäftstüchtigen Händler Apollyon (Lisa Pfeiffer) und Dionyson (Sascha. Kierner). Auch auf den Deal mit den beiden cleveren Hosenfabrikanten Cäsar (Sarah Lorenz) und Rupf (Mona Sommerer) lässt er sich nicht ein: Bestechungsgeld für die Germanen gegen die Hand der Kaisertochter Rea (Sophie Reinwald) und Hosenpflicht im ganzen Reich.

Germanen in Lederhosen

Die Liebe seiner sensiblen Tochter, die mit ihrem Schauspiellehrer (Dominik Brohm) antike Tragödien einübt und aus Idealismus bereit ist, sich zu opfern, ist Romulus wichtiger als das römische Reich, dessen Untergang er längst beschlossen hat. Reas patriotischer Verlobter Ämilian (Tetyana Tryhub) jedoch zettelt, gezeichnet von jahrelanger germanischer Gefangenschaft, eine Verschwörung gegen Romulus an. Der hat damit schon gerechnet und bedauert lediglich, dass sich der Koch (Magdalena Schuth) als wichtigster Mann des Reichs auch unter den Verschwörern befindet. Dem Dolch entgeht der Kaiser durch die Ankunft der bezopften und gar nicht so furchterregenden Germanen in Lederhosen (Marie Roggenhofer). Odoaker, der Germanenfürst (Christina Preuß), entpuppt sich als ebenso kriegsmüde wie Romulus und so liegt es an seinem Neffen Theoderich (Julia Trepl), auf den Trümmern des Imperiums eine neue Phase der Machtpolitik einzuleiten.

Dürrenmatts Komödie schülergerecht und mit Pep auf die Bühne gebracht zu haben, ist ein Verdienst der ganzen Truppe, die durch zahlreiche Helfer im Hintergrund unterstützt wurde. Liebevoll gestaltete Requisiten, perfekte Masken, eine überzeugende Technik, vor allem aber die große Spielfreude und Rollendisziplin der Akteure, die eine wahrhaft "schwere Komödie" auf die Bühne bringen mussten, machten den Reiz dieses langen, aber keinesfalls langweiligen Theaterabends aus.

Uta Löw





Amberger Zeitung am 01. Juli 2009