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Wohlig schaurige Schauer auf dem Rücken

Realschule inszeniert Schönwerth-Abend um Geschichte(n) des Volkskundlers - Start der Schultheatertage


Amberg. Dass Liebe und Hass im Leben oft nah beieinander liegen und das Streben nach Macht die Antriebsfeder für unheilvolle Taten sein kann, ist allseits bekannt. Dass sich genau diese Motive auch in der Schönwerth-Sage von der weißen Frau finden, bewog die Theatergruppe der Franz-Xaver-von-Schönwerth-Realschule im Jubiläumsjahr des Oberpfälzer Volkskundlers dazu, den historischen Stoff auf die Bühne zu bringen.

Der Sage nach stand an der Stelle, die als Hollerwiese bekannt ist, vor vielen Jahrhunderten eine Burg - erbaut vom stolzen Geschlecht der von Ammenberger. Ein Raubritter jedoch, den letztlich auch die Liebe seiner Frau - bei Schönwerth ist es die Tochter - nicht von seinen Untaten abhalten konnte, brachte so viel Leid über die Bevölkerung, dass die Burg eines Tages während eines schweren Gewitters spurlos verschwand. Die Frau des Raubritters fand in der Fassung der Realschule durch dessen Hand den Tod und erscheint heute noch als weiße Frau in der Gegend um die Hollerwiese.

Lehrerin Bettina Arens-Cakir (Leitung der Schulspielgruppe) verfasste das Stück und hatte zum Zweck der Aufführung den kurzen Erzählkern meisterhaft zu einer knapp vierzigminütigen Inszenierung aufbereitet, wobei ihr die Schönwerth-Gesellschaft beratend zur Seite gestanden hatte.

Die Rahmenhandlung stellte das Verschwinden der kleinen Annemarie (Annalena Becker) von der Geburtstagsfeier der Großmutter (Julia Geitner) dar. Das Mädchen spielt auf der Hollerwiese, als es plötzlich von schwarzen Rittern bedroht wird. Eine weiß gekleidete Frau (Julia Pirkl) erscheint und vertreibt die dunklen Gestalten. Als die Großmutter ihre Enkeltochter auf der Wiese entdeckt, ist diese wieder allein, berichtet der Oma jedoch, was ihr widerfahren ist - der Anlass dafür, dass die Großmutter dem Kind die Sage von der weißen Frau erzählt.

In verschiedenen Szenen erlebten nun die knapp dreihundert Besucher, die die Aula der Schule bis auf den letzten Platz füllten, selbst mit, wie sich der gefürchtete Raubritter Bruno (Nikolas Peter) durch die Liebe zu seiner Frau (Julia Pirkl) nahezu in einen guten Menschen verwandelt. Jedoch um das Gesicht vor seinen ihm untergebenen Rittern (Janek Haas, Alexander Hoberty, Dominik Piehler, Michael Wolf) nicht zu verlieren, gibt er der Bitte seiner mildtätigen Frau nicht nach, den zu Unrecht gefangen genommenen Bauern Konrad (Patrick Zoll) freizulassen. Die Burgherrin kann sich jedoch dem Gnadengesuch von Konrads Frau und Tochter (Susanna Stingl, Franziska Seidel) nicht verschließen und lässt den Bauern ohne das Wissen ihres Mannes frei. Dieser tötet daraufhin seine Ehefrau, die fortan als weiße Frau umgeht, und die Burg verschwindet für immer von der Erde.

Die Inszenierung überzeugte neben der grandiosen Leistung der jungen Schauspieler durch die gelungenen Regieeinfälle, wie das Zusammenspiel von Hintergrundmusik und Farbeffekten (Horst Haberl), die mehr als einmal den Zuschauern einen Schauer über den Rücken jagten. Mit tosendem Applaus wurde das große Engagement der Schüler und ihrer Lehrkraft belohnt.

Märchen- und Sagenmotive aus Schönwerths Sammlung Schülern verschiedenster Altersgruppen zugänglich zu machen, ist das Anliegen, dem sich die Franz-Xaver-von-Schönwerth-Realschule verpflichtet fühlt.

Auf diesem Gebiet wird seit der Namensverleihung auf vielfache Weise Pionierarbeit geleistet, was Schulleiter Lothar Porsch in seiner Ansprache betonte. Früchte dieser Arbeit waren auch im Anschluss an das Theaterstück bei der von Realschulkonrektor Matthias Schall eröffneten Ausstellung zu bestaunen. Schüler aller Jahrgangsstufen hatten sich schon Wochen und Monate vor dem Schönwerth-Abend, dessen Hauptorganisatorin Lehrkraft Claudia Schießl war, mit den Texten des Ambergers beschäftigt, die darin enthaltenen Gedanken und Ideen verdichtet und anschließend auf die unterschiedlichste Art und Weise umgesetzt. Im gesamten Neubau fanden sich künstlerische Objekte, wie Bleistiftzeichnungen zur weißen Frau, Comics, Tonfiguren zum "verliebten Wasserfräulein" und zwei komplette Sagenillustrationen. Außerdem konnten Marionetten, Bilder und Collagen von den Besuchern besichtigt werden. Die Schmuckstücke der Ausstellung waren auch die Abschlussarbeiten von Zehntklässlern des Werken-Zweiges: Tiffany-Arbeiten aus Glas und Metall, die von den Schülern eigenständig entworfen, geplant und hergestellt wurden.

Für das leibliche Wohl der Gäste war ebenfalls bestens gesorgt. Hier hatte man sich auf Rezepte aus der Zeit Schönwerths besonnen, es gab Zwiebelkuchen und Zuckerkuchen. Frau Dr. Angerer vom Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen nahm im zweiten Teil des Abends das Publikum mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Untermalt von eindrucksvollen Fotografien einzelner Museumsgebäude ging sie in einem kurzen Vortrag auf die Lebensumstände zu Zeiten Schönwerths ein und zeichnete so ein deutliches Bild davon, wie es den Menschen vor der Industriealisierung in der Oberpfalz erging.

Die Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlugen die Projekte von Schulband und Schülern aus dem Werken-Zweig der Klassen 10c und 10e, die den Sagenstoff um die Drud, das Rockenfüssl und den Katzabenz auf moderne Weise interpretierten. Unter der Leitung von Jacqueline Böhm waren im Musikunterricht zwei Kurzfilme und ein Musikstück entstanden, die die historischen Erzählstoffe mittels neuer Medien aufbereiteten.

Den würdigen Abschluss stellte der Vortrag verschiedener Schnadahüpfl, Rockenlieder und Abzählreime aus Schönwerths Nachlass durch Schülerinnen und Schüler der Jahrgansstufen 5 und 6 dar. Musiklehrerin Ulrike Hofmann, die die Stücke mit den Schülern einstudierte, hatte sich zunächst in die für uns heute kaum mehr lesbare Schrift Schönwerths einarbeiten müssen. Die Mühe dieser Arbeit wurde durch eine Aufführung belohnt, die nicht nur den Gästen, sondern gerade den Kindern sichtlich Freude bereitete. Die gesamte Veranstaltung ist eine Leistung, die sowohl Lehrern als auch Schülern zwar viel Vorbereitungszeit abverlangte - ging es doch darum, die wunderbaren Sagenstoffe Schönwerths für ein heutiges junges Publikum aufzubereiten.

Dass sich das Engagement gelohnt hat, zeigte der Schönwerth-Abend deutlich: Das Konzept der Schule, ganzheitlich mit allen Sinnen, historisch forschend aber auch modernisierend, abgestimmt auf die Interessen und Fähigkeiten von Realschülern der verschiedensten Jahrgangsstufen mit den Oberpfälzer Motiven umzugehen, ging auf. Es gelang der Franz-Xaver-von-Schönwerth-Realschule höchst eindrucksvoll, dem Publikum ein in sich stimmiges Programm zu bieten - der lang anhaltende Applaus nach zwei rundum gelungenen kurzweiligen Stunden waren dafür der beste Beweis.

Monika Hochleitner-Prell





Amberger Zeitung am 23. März 2010