"Schwere Kost", recht flott serviert

"Gartenfest" von Havel am Decker-Gymnasium / Heute nochmals


Amberg. Hugo (rechts) in der Auseinandersetzung mit seinen Eltern "Wer Pilze im Kopf hat, muß nicht in den Wald gehen, um welche zu suchen", und wer ein nachdenkenswertes Theaterstück sehen will, sollte die Theatertage 1991 im Dr.-Johanna-Decker-Gymnasium besuchen. Am Dienstag zeigt dort die Spielgruppe der Mittelstufe das "Gartenfest" von Vaclav Havel, das heute um 19.30 Uhr wiederholt wird.

Übrigens, wußten Sie schon, daß "großes Parkett A größer ist als kleines Parkett C?" Mit dieser kühnen Behauptung wartete nämlich Hugo, die Hauptperson im oben genannten Stück, auf und brachte damit einiges ins Rollen. Schließlich avancierte er sogar zum "Leiter des Aufbaus einer Zentralkommission für Auflösung und Eröffnung", weil er es verstand, sich der komplizierten Umgangsformen in einem totalitär-kommunistischen Land zu bedienen.

Havel schrieb sein Stück in den 60er Jahren. Damals hatte er als Autor und Dissident selbst unter diesem System zu leiden: Intellektuelle waren schlecht angesehen, nur durch Beziehungen waren gute Posten zu ergattern, es herrschten Angst und Mißtrauen vor Bespitzelung und Intrige und die Sprache erging sich in Phrasen und Floskeln. Alles das gut gemixt, sprachlich interessant aufbereitet und witzig verpackt, ergab "Das Gartenfest", das die Spielgruppe der Mittelstufe gemeinsam mit ihrem Lehrer Peter Ringeisen erarbeitet hatte.

Leichte Kost hatte man sich da nicht vorgenommen! Zum einen mußte ja erst einmal der geschichtliche Hintergrund durchleuchtet werden, zum anderen forderte der Umgang mit dieser für uns unbekannten "Phrasen-Sprache" ein vertieftes Studium. Schwierigkeiten, die nur durch Aufgeschlossenheit, Fleiß, Begeisterung für das Theater und guten Teamgeist gemeistert werden konnten. Um so mehr muß anerkannt werden, daß die Gruppe recht flott und frisch zu Werke ging. Von Anfang an war man konzentriert bei der Sache.

Als erstes mußten Sabine Seidl und Petra Mörti als Herr und Frau Pludek und Ruxandra Manea als Hugo, ihr Sohn, das Lampenfieber bezwingen und auf die Bühne. Dabei gelang es ihnen in dieser Szene recht gut, das oft "leere Gerede" der Elterngeneration aufzudecken. Den intellektuellen, bebrillten Bruder Peter spielte Christa Schmidt und seine Freundin, des "Hausmeisters Töchterlein" Amalka, verkörperte Ute Dievernich. Im zweiten Bild sah man Melanie Weidlich und Monika Fertsch als linientreue Sekretäre und Silke Liebold als Plzak, den professionellen "Eröffner". Eine recht erfrischende Parodie zeigten die drei und die holprigen Annäherungsversuche nach dem Motto "Faßt du was, dann hast du was", brachten das Publikum zum Schmunzeln.

Wie man Bürokratie und Verwaltung und "eben alles auf die Spitze treiben kann", demonstrierten die Akteure der dritten Szene. Besonders beachtlich die große Konzentration, mit der die langen, anspruchsvollen Texte, vor allem von Ruxandra Manea (Hugo), deklamiert wurden. Durch diese große Anstrengung, und das muß nun leider gesagt werden, kam die Schauspielerei etwas zu kurz! Sicherlich hätte man noch mehr Pointen durch intensiveres Agieren besser herausarbeiten können, so blieb es eben hauptsächlich beim "Wortwitz".

Trotzdem gelang mit diesem "Gartenfest" ein nachdenklich witziger Theaterabend. Und wenn Havel einmal sagt, "das Leben ist ein Buch voller leerer Seiten", so wurde mit diesem Stück bei den Theatertagen 1991 ein neues Kapitel zum Thema Schulspiel geschrieben, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

Marieluise Scharf




Mittelbayerische Zeitung vom Donnerstag, 13. Juni 1991