Schülerinnen in überschäumender Spiellaune

Theatertage der Dr.-Johanna-Decker-Schulen - Unbestrittener Höhepunkt Nestroys "Indianische Burleske"


Amberg. (schs) Die Theatertage 1991 der Dr.-Johanna-Decker-Schulen - sie waren und sind (da die Aufführungen vom Mittwoch am heutigen Abend wiederholt werden) schon ein ganz besonderes Ereignis! Wobei ihr Reiz wohl vor allem in ihrer Vielfalt zu suchen ist: Kamen am Dienstag und Donnerstag in erster Linie die Freunde hintersinniger Wortspiele voll auf Ihre Kosten, so stand und steht an den beiden anderen Theaterabenden der zumindest etwas vordergründigere und "deftige" Humor im Mittelpunkt. Mit Johann Nepomuk Nestroys "Häuptling Abendwind oder Das greuliche Festmahl" bot die Spielgruppe der Mittel- und Oberstufe erneut Satire vom feinsten - und wurde denn auch von dem etwas zahlreicheren Publikum als am Vortag mit einem wahrlich frenetischen Applaus belohnt.

Zunächst aber hatten die Mädchen der Unterstufentheatergruppe ihren großen Auftritt: Sie hatten sich vorgenommen, die Zuschauer endlich über den Irrtum aufzuklären, die vielzitierten Schildbürger seien dumm.

Unter dem Titel "Nur die Dummheit kann uns retten" hatten sie, orientiert an einer Nacherzählung von Erich Kästner und inspiriert von einem Buch Jörg Ehnis, gemeinsam mit Theatergruppenleiter und Regisseur Peter Ringeisen die Texte dazu selbst verfaßt. Mit ihrem Spiel bewiesen die Siebtklässlerinnen nun, daß sie keineswegs nur das Zeug zum Schreiben von Geschichten, sondern ebenso zur entsprechenden Interpretation haben: Der schauspielerische Nachwuchs bei den "Schulschwestern", so viel steht nach diesem Abend fest, ist gesichert.

Unbestrittener Höhepunkt dieses zweiten oder besser: der gesamten Theatertage - aber war freilich die Aufführung der "Indianischen Burleske" des österreichischen Bühnendichters Nestroy, der mit der Wahl seines Themas bereits die Weichen für eine garantiert gute Unterhaltung gestellt hat. Abendwind der Sanfte und Biberhahn der Heftige, beides Häuptlinge eines Südsee-Indianerstammes und beide Liebhaber eines lukullischen Mahles, das vorzugsweis aus Menschen besteht - das ist nun einmal der Stoff, aus dem mitreißender Humor gemacht wird.

Andererseits ist natürlich jedes Stück nur so gut wie seine Schauspieler; in diesem Fall aber hat Peter Ringeisen, der auch hier als Regisseur und Theaterleiter fungierte, einen klaren Glücksgriff getan. Lilli Mrasek, gebaut und gewendet wie man es sich kaum besser vorstellen könnte und mit einer Mimik, die selbst die reserviertesten Lehrer vom oft zitierten Hocker riß: Sie füllte die Rolle des Ober-Groß-Luluers Abendwind im wahrsten Sinne des Wortes mit Leben und sorgte damit für einhellige Begeisterung im Saal.

Sie machte es ihren vier Mitspielerinnen - unter ihnen Kerstin Jahnsmüller als Abendwinds reizende Tochter Atala, Christine Rogner als Biberhahn, Häuptling der Papatutu, und Anja Winter als in großer Gefahr schwebender "Fremdling" - mit ihrer dominanten Persönlichkeit zeitweise gar nicht einfach, sich neben ihr profilieren zu können. Andererseits aber hatte man ebenso das Gefühl, daß ihr Charme und natürlicher Spielwitz auf die anderen überzugehen schienen und nicht zuletzt dadurch der enorme Schwung zustandekam, der bis zum Ende des Stückes nicht nachließ. Extra anführen muß man darüber hinaus Stefanie Rölz, der mit dem Koch Ho-Gu eine eigentlich sehr zurückhaltende Rolle zugedacht war, die sie jedoch so überzeugend spielte, daß man einfach angetan sein mußte.

Eine höchst vergnügliche Sache also, dieser zweite Theaterabend im Gerhardingersaal, der am heutigen Freitag (Beginn: 19.30 Uhr) eine Wiederholung erfährt. Von dieser Stelle aus darum die Aufforderung, sich dieses Ereignis nicht entgehen zu lassen: Es lohnt sich - und die Schauspielerinnen haben es sich mehr als verdient.




Amberger Zeitung vom Freitag, 14. Juni 1991