Amberger Schulspieltage finden immer mehr Freunde

Die Sintflut ist leicht herstellbar und technisch gar kein Problem

"Wanli-tschang-tscheng, eine Farrss" / Aufführung des DJD-Gymnasiums

Von Anton Fütterer

Amberg. Wenn man ein Stück umtauft, hat das meistens einen guten Grund. "Wanli-tschang-tscheng, eine Farrss", damit ist zumindest eine Irritation gewonnen, und der Zuschauer kann sich nicht auf seinen bildungsbürgerlichen Erwartungshorizont zurücklehnen: Max Frischs "Chinesische Mauer", ist das nicht das Stück, in dem es um die Atombombe geht? Olle Kamellen?
Die Prinzessin, der Heutige
Die Theatergruppen der Ober- und Mittelstufen des Dr.-Johanna-Decker-Gymnasiums haben bewiesen, daß Max Frischs Farce durchaus noch nicht angestaubt ist. Die Geschichte ist schnell erzählt: Die Spieler versetzen die Zuschauer zurück in die chinesische Vergangenheit, in das Jahr 200 v. Chr.; der chinesische Kaiser Hwang Ti (Angi Schwinger) hat seinen letzten äußeren Feind geschlagen, als letzten inneren Feind Min Ko, "Die Stimme des Volkes", einen stummen jungen Mann verhaftet und möchte seine Herrschaft durch den Bau der Chinesischen Mauer für alle Zeiten befestigen. Sein Feldherr Wu Tsiang (Katrin Bayer), der diesen letzten Sieg errungen hat, möchte die Tochter des Kaisers, Mee Lan (Jutta Frank), heiraten und mit ihr das gesamte Kaiserreich.

Aber wie es so kommt, sie will nicht. Der angekündigte Mauerbau und die Verhaftung des vermeintlichen Agitators Min Ko lösen Unruhen im Volk aus. Es kommt zu Protestkundgebungen vor den Toren des Palastes. Der zur Befriedung der Aufstände ausgesandte Wu Tsiang erweist sich als der echte Min Ko, in einer Palastrevolution wird der alte Hofstaat durch einen neuen ersetzt. Und das Spiel beginnt von vorne.
Der Kaiser, Cleopatra
Wie wenig lernfähig Menschen sind, wird dadurch deutlich gemacht, daß anläßlich der Siegesfeier alle Größen der Weltgeschichte auftreten und aus der Jetztzeit die Geschichte von den beiden "Heutigen" (Dorothee Janssen, Alex Putz) kommentiert wird. Der Fortschritt der Gegenwart besteht in der Perfektion der Vernichtung und in der Weiterentwicklung des Sinnlosen, so antwortet der Heutige auf die Frage der Prinzessin, was denn der Mensch auf dem Mond mache: "Er hüpft".

Durch die Konfrontation der verschiedenen Epochen wird die Absurdität der Geschichte deutlich gemacht. Nun kann man Sinnlosigkeit auf verschiedene Weise darstellen. Die Spielerinnen haben sich unter der Regie von Oberstudienrat Ringeisen für das kalte Zelebrieren entschieden. In nahezu statischen Bildern haben sie die Widersprüche der menschlichen Geschichte sprachlich präzise vorgeführt. Spannung entstand nicht durch Aktion, sondern durch eine perfekte sprachliche Gestaltung des recht schwierigen Textes.

Es ist immer ungerecht, wenn man bei einer so guten Ensembleleistung einzelne Spieler besonders hervorhebt, aber in den Monologen des Hwang Ti erreichte die sprachliche und spielerische Darbietung ihren Höhepunkt. Dem Kaiser war stimmlich und darstellerisch nur noch die Prinzessin ebenbürtig, wen wunderts bei der Verwandtschaft! Zum choreographischen Schmankerl wurde der "Totentanz" der Jazztanzgruppe unter der Leitung von Sigrid Ringeisen, der die Absurdität der Geschichte zusammenfaßte.





Amberger Nachrichten, 18. März 1997