Jetzt.de, das vormalige Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung, das vor einigen Jahren aus Geldmangel vom Print- zum Webmedium wurde, bietet ein lesenswertes Streitgespräch über den Wert von Twitter-Texten und Facebook-Statusmeldungen.
Auf der Contra-Seite schreibt Peter Wagner unter anderem:
Twitter-Texte und auch Facebook-Statusmeldungen interessieren mich selbst dann nicht mehr, wenn hinter ihnen Freunde stecken. Das hat ein bisschen was mit Fremdschämen zu tun, weil ich mir manchmal vorkomme, als würde ich ihnen in den Hals schauen können, während sie alltägliche Bewegungen auf Facebook in Worte fassen und veröffentlichen. Eine wirklich nette Statusmeldung zu verfassen dauert ja in Wahrheit. Ich erinnere mich an die ersten Wochen auf jetzt.de, in denen ich täglich die Angaben meiner jetzt-Page lektorierte und sie auf ihre Standfestigkeit anderen gegenüber prüfte. Facebook aber verlangt einen höheren Ausstoß an solchen Erlebnis- oder Befindlichkeitsblasen. Da kann die Qualität nicht Schritt halten. Es berührt mich dann peinlich, von schlecht verdautem Essen, verschlafenen Tagen und quälender Langeweile anderer Menschen zu lesen. Wenn ein Post wie “heute lecker Schweinebraten” mit den Kommentaren “Hmyummi!” und “Ohhh, Schweiniiiii – schmatz” versehen ist, wird mir schwindlig und ich wundere mich, wie die Ein-Satz-Kommunikation eine seltene Form von Einfalt zur modernen Kommunikationskultur befördert.
Dem hält Dirk von Gehlen u.a. entgegen:
Sie sind kleine Meisterwerke der indirekten Botschaft, das heißt sie verraten Situationen, Zustände oder Gefühle in der Andeutung. Wobei der Grad der Andeutung umgekehrt proportional zur Qualität der Botschaft steht, soll heißen: je schwächer die Andeutung umso besser die kurze Mitteilung. Zum zweiten stellen gute Statuszeilen die gängigen Wahrnehmungsmuster auf den Kopf, sie erheben das Unwichtige in den Status einer Meldung. Eine Beiläufigkeit bekommt Gewicht, in dem sie notiert wird. So etwas gefällt mir – wenn es mit Humor, Selbstironie und Sprachgefühl geschrieben ist. So etwas gefällt mir nicht – wenn es selbstgefälliger Mist ist. Aber das habe ich ja schon mal erwähnt: Es gibt auch schlechtes Bier, trotzdem trinke ich dann und wann gerne ein gutes Pils.
Und ich? Bin unentschlossen. Befinde mich zur Zeit in einer zweiten Twitter-Versuchsphase, nachdem ich die erste vor ca. einem halben Jahr irritiert abgebrochen habe. Mein Status: Sehr skeptisch ;)
Mein Status: Satt. Gerade zu abend gegessen. Kartoffel mit Schnitzel – halblecker ;-)
Update: Sehr schöner Artikel von Clive Thompson übers Twittern hier. Gefunden im Blog von Christian Spannagel.
Begeisterter Twitterer: Stephen Fry (http://www.stephenfry.com/blog/2009/01/29/twitter/)
Danke für den Tipp! Ich folge ihm mal.