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Blog und Etherpad im Deutschunterricht

Im Lehrplan der 10. Klasse für die Gymnasien in Bayern ist die Erschließung von fiktionalen Texten eine der Fähigkeiten, deren Beherrschung durch eine schriftliche Arbeit (in Bayern: Schulaufgabe) abzuprüfen ist; dieser Aufsatztyp spielt bis zum Abitur eine Rolle. Dabei werden dann keine Teilaufgaben explizit gestellt, sondern die Schüler sollen die Arbeitsanweisung “Erschließen und interpretieren Sie …” selbstständig so auffassen, dass sie nach einer kurzen Einleitung zunächst Inhalt und Aufbau des Textes (der meist zwei bis drei Seiten lang ist, entweder Kurzprosa oder Ausschnitt aus einem längeren Werk) darstellen, dann die erzähltechnische Gestaltung analysieren und die Besonderheiten der sprachlich-stilistischen Gestaltung anhand einiger konkreter Beispiele erläutern. Anschließend äußern sie sich zur Bedeutung des Textes (Thematik, dichterische Umsetzung, Leseeindruck).
Unter Umständen – in der Oberstufe aber in jedem Fall – folgt der Erschließung dann noch eine Zusatzaufgabe, die sich entweder auf das Genre oder die Epoche bezieht, manchmal auch einen Vergleich mit einem anderen literarischen Werk erfordert, das der belesene Schüler in seinem literarischen Erfahrungsschatz hat (wenn er Glück hat).
Erfreulicherweise hat die Revision des Lehrplans für das nunmehr ganz eingeführte achtjährige Gymnasium auch eine weitere Möglichkeit der Aufgabenstellung mit sich gebracht, nämlich die Option einer Form des kreativen Schreibens. Eine Zusatzaufgabe könnte also sein, dass die Schüler eine Glosse über das Thema des vorher analysierten Textes verfassen, möglicherweise auch einen Leserbrief, einen Kommentar – oder aber einen eigenen fiktionalen Text. Es versteht sich von selbst, dass solche Aufgaben nur gestellt werden können, wenn die Schüler vorher Gelegenheit hatten, so etwas zu üben.

In meiner derzeitigen 10. Klasse benutze ich die Anthologie “Siebzehn Kurzgeschichten”, hg. Klaus-Ulrich Pech (Stuttgart: Klett, 2007), die nicht nur typische (und weniger typische) Kurzgeschichten enthält, sondern auch einen nützlichen Materialienteil.
Nachdem wir einige der Texte besprochen hatten (Malecha, “Die Probe”; Borchert, “Nachts schlafen die Ratten doch”; Weisenborn, “Ein gleichgültiger Mittwoch”), bat ich die Schülerinnen, sich durch einen Impuls zu einem eigenen Kurzprosa-Text inspirieren zu lassen: Sie hatten die Auswahl zwischen a) einem Schwarzweiß-Foto, auf dem ein in einen Anzug gekleideter Mann auf einem Waldweg steht, ein Handy am Ohr, eine Karre vor sich, auf der Getränke- und Einkaufskisten gestapelt sind (ib., S. 112), und b) einem kurzen szenischen Text von Heiner Müller mit dem Titel “Herzstück”, in dem eine Person einer anderen ihr Herz schenken will, das sich, nachdem es herausoperiert wurde, als Ziegelstein herausstellt (ib., S. 126).
Die Texte wurden in einem Teil einer Unterrichtsstunde in der Schule skizziert, doch zu Hause fertiggestellt. Wer bereits damit zufrieden war, konnte sein Ergebnis gleich in das Klassenblog hochladen: http://zehnbee.blogspot.com
Screenshot vom Klassenblog der 10b
In der darauffolgenden Stunde gingen wir in einen der Computerräume. Hier waren die Schülerinnen eingeladen, ihre Entwürfe bzw. die Erstfassungen ihrer Texte zusammen (in Vierergruppen) zu besprechen und über Verbesserungsmöglichkeiten zu diskutieren. Zu diesem Zweck wurden die Texte in Etherpads kopiert bzw. eingetippt (ich wählte http://typewith.me) und dort online bearbeitet. Das Chat-Fenster wurde teils zur sinnvollen Kommunikation, teils für weniger sinnvolle Äußerungen benutzt.

Die Überarbeitung der Texte im Team wurde unterschiedlich intensiv durchgeführt. Manche veränderten nur sehr wenig, z. B. zur Verbesserung von Schreibfehlern oder zur Vermeidung einer Wiederholung, aber auch zur punktuellen Verbesserung der Formulierungen. Andere führten tiefgreifende Änderungen durch; ein Team beispielsweise fügte zwei Texte zu einem zusammen.
Die Möglichkeit, per Etherpad zusammen an einem Text zu arbeiten und sich so intensiver mit der Sprache sowohl des eigenen Textes als auch der anderen Texte auseinanderzusetzen, wurde von der Mehrheit als sehr motivierend empfunden. Die Veröffentlichung der Texte im Blog ist zum einen ebenfalls motivierend (der Text findet Leser!), zum anderen einfach praktisch: Alle haben Zugriff auf alle Texte, ohne dass seitenweise Papierkopien hergestellt werden müssen.
Was bisher noch wenig gelingt, ist die sinnvolle Kommentierung der Kurzprosa von Mitschülerinnen. Die Kommentare im Blog sind zunächst noch recht pauschal, statt auf die individuellen Vorzüge (oder Schwächen) des einzelnen Textes einzugehen. Daran arbeiten wir noch – und (wie ich gerade sehe) wir machen Fortschritte.

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Dank an Lisa Rosa für die Ermunterung zu diesem Bericht :)

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