Wieder mehr als ein Jahr vergangen … und das Comenius-Projekt ist zu seinem guten Abschluss gekommen.

T-Shirt für die Amberger Projektwoche "S4T"
Zur Erinnerung: In unserem Projekt “Spotlights for Tolerance” (ja, “on” wäre natürlich auch eine schöne Präposition gewesen, aber “for” ließ sich im Acronym so schön als Zahl schreiben: S4T) ging es darum, dass wir während der Projektwoche im jeweiligen Partnerland zwei Szenen für die Schultheaterbühne entwickeln, die mit dem Thema “Toleranz” zu tun haben, und außerdem sollte natürlich die ganze Projektwoche (mit Besichtigungen und gemeinsamen Feiern) das Thema widerspiegeln und in den Schulalltag der beteiligten fünf Schulen hineinstrahlen.
In der letzten Oktoberwoche 2012 waren wir alle in Sibiu (Hermannstadt) in Rumänien. Auch dort wurden wir (nach Chojnice/Polen und Salihli/Türkei) sehr herzlich aufgenommen und durch ein reichhaltiges Programm verwöhnt. Die Kolleginnen und Kollegen der dortigen Schule hatten die Theaterszenen so geplant, dass wir zu Dreharbeiten zum Drakula-Schloss (Bran) fahren mussten – eine eindrucksvolle Abwechslung zu der eher nach Donaumonarchie aussehenden, gepflegten und kultivierten Stadt Sibiu.
Der für mich eindrucksvollste Teil des “Beiprogramms” war der Besuch einer Theateraufführung … wobei “Besuch” etwas irreführend ist. Das Theaterstück “A Streetcar Named Popescu” spielt tatsächlich in einer aus zwei Wagen bestehenden Trambahn. Und während wir alle zusammen in Richtung eines außerhalb gelegenen Dorfes auf den Schienen davonschaukelten, spielten mitten zwischen den Sitzreihen die Profis des Stadttheaters von Sibiu dieses etwas surreale Stück von Gavriil Pinte, in dem es um die Biographie des Dichters Cristian Popescu geht. Der zweite Akt spielt dann vor der haltenden Straßenbahn an der Dorfhaltestelle, und zum dritten Akt steigt man in den anderen Wagen und erlebt die Handlung während der Rückfahrt mit. “Erleben” ist der passende Ausdruck, denn die Schauspieler sprechen in einem Sprachengemisch: Rumänisch, Deutsch, Französisch, zum Teil auch Englisch – faszinierendes Gewirr, man bekam zwar ein Skript zum Mitlesen, aber irgendwann musste man sich entscheiden, ob man alles verstehen, aber nichts sehen wollte, oder doch lieber sehen und dafür den Inhalt mehr erahnen; ich habe es nicht bereut, zugesehen zu haben.
Die ganze Projektwoche ist im Projektblog dokumentiert:
Schon vier Wochen später waren wir (mit einer anderen Schülergruppe) in Sizilien, wo der Empfang (man vergebe mir die Wiederholung) ebenfalls sehr herzlich war. Das “Tal der Tempel” bei Agrigent war hier einer der Höhepunkte, was die Sehenswürdigkeiten betraf – ein weiterer war das Essen, und ein dritter: das Wetter. Es war Ende November, und wir saßen nach dem Essen (ohne Jacke oder Pullover) auf der Terrasse und genossen einen Espresso. In der Woche bevor wir ankamen, wurde am Strand noch gebadet.
Was in keinem anderen der Partnerländer so ausgeprägt war: Die Betonung der unterschiedlichen Nationalitäten, als deren Vertreter wir da waren, und der Freundschaft untereinander. Bei der Abschlussfeier traten italienische Schulkinder mit polnischer, türkischer, rumänischer, deutscher und italienischer Flagge auf, es wurden Gedichte in den Landessprachen rezitiert und ein kurzer Film mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Landes gezeigt – unsere Schülerinnen waren etwas verwundert über den Nationalmannschaftscharakter, der ihrem Team da zugeschrieben wurde, aber da alles mit großer Feierlichkeit und herzlichem Lächeln dargeboten wurde, ließen sich alle von dieser Zeremonie einfangen.
Die ganze Projektwoche ist im Projektblog dokumentiert:
Im März 2013 schließlich kam der Schlusspunkt der Projekttreffen: Die Woche an meiner Schule in Amberg. Ich bin meinen Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar für alle Unterstützung, und mit vereinten Kräften gelang es uns, die Schultheaterdarbietungen zum Thema Toleranz so abzurunden, dass ich sagen kann, ich bin sehr zufrieden damit.
An Ausflügen konnten wir den Gästen Nürnberg und Regensburg bieten, und beide Städte gefielen ihnen gut. Die Amberger Gastronomie zeigte sich von ihrer besten Seite, sowohl bei der Bewirtung der ganzen Mannschaft am Mittag (ca. 60 Personen) als auch bei den Lehrerrunden am Abend.
Um die in den vier vorherigen Treffen entwickelten Szenen in Amberg noch einmal präsent werden zu lassen, stellten Schülerinnen auf Deutsch und auf Englisch den wesentlichen Inhalt noch einmal kurz vor, begleitet von einer Prezi-Show, die das Ganze strukturierte und illustrierte (Prezi | Text).
Danach folgten die in Amberg entwickelten Szenen, die ich zum Teil mitentwickelt und einstudiert hatte – zum weitaus größeren Teil aber meine beiden Schauspiel-Unterstützer, denen ich unendlich dankbar bin: Winfried Steinl, ein Vollblut-Theatermacher, auch wenn er schon pensioniert ist, und Anne Schleicher, die vor einigen Jahren in meiner Theatergruppe spielte und inzwischen Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert hat. Der Kern zum Gelingen lag schon in der Idee zu einer Art Hausaufgabe: Die Gäste wurden ein paar Wochen vor der Anreise gebeten, sich eine ganz kurze Spielszene auszudenken, in der sie die – ihrer Meinung nach – bekanntesten Klischees über ihr Land in übertriebener Weise darstellen. Diese kurzen Szenen spielten wir uns gleich am Anfang der Woche gegenseitig vor, und es war einfach herrlich, wie treffend und humorvoll die Teilnehmer die Vorurteile über ihr Land spielten. Einzelne Aspekte aus diesen Szenen wurden nun aufgegriffen und an eine Gruppe aus einem anderen Land zugeteilt, die ihrerseits, und in ihrer Sprache … aber bitte, wer sich dafür interessiert, soll sich doch bitte den Film ansehen (S4T/Amberg auf YouTube).
Hatte ich unser Projekt-T-Shirt schon erwähnt? Vielleicht ist meinen geneigten Lesern schon einmal eine SheepWorld-Grußkarte oder sonst etwas aus dem Sortiment dieser Firma begegnet; die Inhaberin der Firma und Schaf-Künstlerin, Steff Rölz, hat in ihrer Schulzeit auch in meiner Theatergruppe gespielt und war daher gleich bereit, für unsere Projektwoche ein T-Shirt-Motiv zu entwerfen (siehe oben).
Auch diese Woche ist natürlich in unserem Projektblog dokumentiert:
Ungewöhnliche Erlebnisse während der Woche waren nicht nur Interviews mit Zeitung und Lokal-TV, sondern zusammen mit meiner rumänischen Kollegin wurde ich sogar zu einer “Talk Show” eingeladen, in der wir von unserem Projekt erzählen durften. In der Tat, die Medien waren uns freundlich gesinnt (Medienberichte).
A propos “Talkshow” … auch in Sizilien war ich bereits im dortigen Lokal-TV bei so etwas aufgetreten; ebenfalls eine besondere Erfahrung – wir waren in der Sendung “Due Amici al Bar”, die ihr Studio kurzerhand in die Partnerschule verlegte. Die besondere Herausforderung bestand darin, etwas Sinnvolles über das Projekt zu sagen, dabei aber nicht zu vergessen, die Gastgeber gebührend zu loben – und das natürlich aus dem Stegreif.
Der Rest der Projektlaufzeit – von April bis Juli 2013 – wurde dafür genutzt, die Dokumentation des Projekts abzurunden und Feedback von allen Beteiligten einzuholen und auszuwerten. Neben dem Projektblog und dem YouTube-Channel war unsere Projektbroschüre eine wunderbare Sache, redaktionell umsichtig betreut von der rumänischen Schule. Hier fand alles Platz, was wir in den Projektwochen unternommen hatten und was an begleitenden Aktionen an den Schulen sonst noch stattgefunden hatte. Auch diese Broschüre ist online zugänglich:
Und schließlich war die Datenbank “European Shared Treasure” zu füllen, damit die Ergebnisse des Projekts zentral verfügbar sind. Unser Eintrag findet sich hier:
Wenn man genau hinsieht, wird man rechts oben dort ein Sternchen entdecken und den Schriftzug “Star Project”. Ja. Man hat uns gelobt. Das hat mich gefreut.
Noch mehr gefreut hat mich, wie gut alles geklappt hat, dass sich die vielen Stunden, in denen ich mich mit der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Projekts beschäftigt habe, gelohnt haben in dem Sinn, dass Dutzende, wenn nicht Hunderte von Schülerinnen und Schülern mehr über das Leben in anderen Ländern erfahren haben, dass sie gesehen und erlebt und gespürt haben, dass – bei allen Unterschieden – vieles gleich ist, und dass Toleranz eine Tugend ist, die einem im ganzen Leben helfen wird.
Ein Wort zum Begriff “Toleranz” zum Abschluss. Dieses schöne Wort leidet seit Ewigkeiten unter der Definition, die ihr Goethe verpasst hat: Toleranz sei nur “Erdulden”, und damit nichtswürdig. So haben wir das Wort natürlich nicht verstanden, sondern so, wie es in der “Declaration of Principles on Tolerance” von der UNESCO 1995 definiert wurde. Ich möchte nur den ersten Satz zitieren, obwohl natürlich die ganze Erklärung lesenswert ist:
Tolerance is respect, acceptance and appreciation of the rich diversity of our world’s cultures, our forms of expression and ways of being human.
Respect. Acceptance. Appreciation. Jawohl.
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