Sport Website von Andy Jakesch

Meine Radsport-Geschichte 2010

Strullendorf, Juli 2010

Nach dem 2. Platz vom Vorabend in Altenkunstadt, war ich schon ganz gespannt, wie sich meine Beine nach dem abgeschlossenen, auf dieses Rennen abgezielten Formaufbau anfühlen würden. Ich konnte mich gleich zu Beginn wieder ein paar Runden auf dem Kurs warmfahren, wobei mir eine Nachwuchsfahrerin mit stark bandagiertem Unterschenkel begegnete. Aber gut, Stürze kommen im Radsport eben immer mal wieder vor, nur ich komme ja immer irgendwie heil durch.

Das Rennen würde richtig heftig werden, das war von Beginn an klar. Zwar standen nur 17 Fahrer am Start, aber mit den ersten Drei des Vorjahres (Maik Hamann, Gianni Moscon aus Italien, meiner Wenigkeit) sowie dem mehrfachen Sieger Henry Thiel und dem Dritten von 2007, Jan Scheibe, sowie dessen Vereinskollegen Florian Semm sollten sich eigentlich gleich 6 starke Fahrer um die begehrten Punkte streiten. Beim Warmfahren gondelte ich vor allem mit Florian herum, wobei wir in einer Nebenstraße zwischen Strecke und Hauptstraße vom Abtransport der Lokalmatadorin kurz aufgehalten wurden. Diese war im Frauen-Rennen schwer gestürzt, weshalb ich mich gleich abwandte, umdrehte und eine andere Straße zur Hauptstraße fuhr. Auch wenn Stürze eben immer mal wieder vorkommen ... will man nicht sehen, will man selbst nicht dran denken. Irgendwie kommt man schon heil durch, wenn man nicht an Stürze denkt.

Am Start stand mit Dirk Schiffers auch ein alter Bekannter, den ich zuletzt im September 2008 getroffen hatte. Direkt vorm Start erklärte der Sprecher, dass das Rennen auf "Finalstart" ginge. Sofort konnte man die imaginären Fragezeichen über den Köpfen der Fahrer auftauchen sehen, gefolgt vom Einwand "Mooooment - in der Ausschreibung steht Kriterium! Wertung alle 5 Runden!" Der verdutzte Sprecher hielt kurz inne und sah sich zusammen mit der Wettkampfleitung an, welches Rennen mit welchem Rennmodus denn als nächstes auf dem Plan stehen würde. Kurze Zeit später wussten Sprecher und Wettkampfleitung dann das gleiche wie wir Fahrer: Wertung alle 5 Runden!

Ob der hohen Anzahl starker Fahrer, war es dann gar nicht so leicht, aus Startreihe 2 heraus gleich nach vorne zu fahren. Ich hing zunächst so um Platz 10 herum fest, blieb aber auch ruhig, weil ich ja erst in Runde 5 vorne sein musste. Die Beine fühlten sich jedenfalls topp an und waren kein bisschen schwer, sondern super locker. Wir schossen mit einem 40er Schnitt los, weshalb ich eigentlich auf den Einbruch einiger Fahrer rechnete. Der kam so schnell aber nicht, weswegen ich dann schon etwas in den Wind musste, um im Feld etwas weiter vorzufahren. Ende der 4. Runde war ich dann auch schon an 6. Position. Maiks Kollege Klaus Hoffmann führte das Feld in die Zielkurve am Ende der 4. Runde - und es hätte auch die letzte Runde sein können. Denn in dieser Kurve sollte sich in dieser Runde bereits das Rennen vorentscheiden ...

Hinter Klaus folgten noch Henry, Gianni und Maik, Florian war dann an 5. Position. Normalerweise ein gutes Hinterrad, das ich letztes Jahr beim Gartenstadt-Kriterium nur mit Mühe halten konnte bzw. zu dem ich mehrmals Löcher zufahren musste. Aber heute, als ich ähnlich wie 2008 beim Hesselbergrennen meinen ersten Rennsieg anvisiert hatte, machte mir wieder einmal das Schicksal einen Strich durch die Rechnung. Bin ich 2008 in Topform noch am Tag vor dem Rennen erkrankt, so sollte meinem ersten möglichen Rennsieg ein Fehler im Weg stehen, den "Strullendorf-Neulinge" leider jedes Jahr wieder machen: Florian trat in der Zielkurve, in der man bei entsprechender Geschwindigkeit immer eine recht starke Schieflage hat, zu früh aufs Pedal und hebelte sich aus. Schon 2006 sah ich so etwas beim Elite-Rennen und musste erkennen, dass der direkt dahinter fahrende Fahrer in der Regel keine Chance mehr zum Ausweichen hat. Tja, und wer fuhr an Florians Hinterrad?

Durch den Schock richtete ich wohl auch meinen Oberkörper auf und hatte keine Chance mehr, innen scharf einzulenken und vorbeizuziehen. Das wäre aber sowieso sehr gefährlich geworden. Zum einen lenk-technisch, zum anderen wegen Florian, der langsamer als sein Rennrad nach außen rutschte. Hätte ich versucht, innen vorbeizulenken, wäre ich vielleicht in Florian reingefahren, was natürlich sehr gefährlich für Florian gewesen wäre. Also bremste ich stattdessen so stark wie möglich und klickte links aus. Die Geschwindigkeit war aber einfach zu hoch und so rauschte mein Vorderrad noch in Florians Rad. An der Stelle kippte mein Rad zur Seite weg nach unten, wobei wohl auch mein rechter Schuh ausklickte. Zumindest stand ich plötzlich mit beiden Beinen auf der Straße, aber an der rechten Hand blutete ich am kleinen Finger und am Ringfinger etwas. Später am Abend sollte der kleine Finger am Gelenk auch noch schmerzen und etwas steif werden - scheinbar schoss der Lenker vom Rad so schnell seitlich nach unten, dass ich mir die Gelenkkapsel etwas überdehnte. Irgendwie meine ich mich zu erinnern, dass ich schon mal gehört habe, dass man genau aus diesem Grund den Lenker bei einem Sturz gleich loslassen sollte. Aber meine Güte - wer soll in so einer Situation so schnell an so etwas denken?!?

Alles in allem blieb ich aber relativ heil. Florian und vor allem Jan erwischte es viel schlimmer. Jan war nämlich das dritte Sturzopfer. Ich griff nur so schnell wie möglich mein Rad, bekam es aber nicht hoch - mein Pedal klemmte irgendwie im Kettenblat von Florian. Ich erkannte das aber schnell und konnte es flott rausbekommen. Ich stieg also wieder auf und trat an. Vor dem Start wurde noch gesagt, dass es keine Rundenvergütung gibt - bei Hobbyrennen immer wieder "beliebt" seitens der Wettkamprichter, aber wenn man das Sturz- oder Defektopfer ist, dann ist so etwas natürlich das Dämlichste auf der Welt. Beim Vorbeifahren am Wettkampfrichterwagen hob ich auch hilflos die Hand uns sagte noch "Sturz", aber ich konnte kein akkustisches Feedback wahrnehmen, ob es doch eine Rundenvergütung geben würde oder nicht. Sicherheitshalber fuhr ich mal weiter - mit mächtig Tempo.

Bei der Durchfahrt in der 1. Kurve hatte ich dann 17 Sekunden Rückstand auf das Spitzenquartett, die erste Wertung war natürlich dahin. Ich lag nur auf Rang 10 und musste 5 weitere Fahrer, die sturzfrei an uns vorbeikamen und dem Spitzenquartett folgten, zunächst einholen, um in irgendeiner Form wieder Anschluss zu finden. Dachte ich zumindest. Stattdessen legte ich eine meiner schnellsten Solorunden in Strullendorf aufs Parkett. Ich schoss innerhalb einer Runde an 4 Fahrern vorbei und schloss schließlich auf Lokalmatador Robert Riemer auf, der 2007 Vierter war. Zu zweit wechselten wir uns jetzt gut ab und rollten Klaus auf, der aber natürlich nicht mitarbeitete, weil Maik ja vorne war. Die Zusammenarbeit mit Robert lief eigentlich gut, aber zwischendurch kam es zu zwei Überrundungen, bei denen die überrundeten Fahrer leider nicht sauber am Rand fuhren, sondern sich in unsere Gruppe einhängen wollten - aber nicht konnten. Und dadurch musste ich dann zwei Mal Löcher auf Robert zufahren, was unserer Verfolgungsarbeit natürlich schadete.

Ich bekam während dem Rennen dann verwirrende Zurufe. Einmal hieß es, dass sechs Fahrer vorne weg wären. Dann hieß es, ich würde auf Platz 4 liegen. Das lag wohl daran, dass es eine Durchsage zu zweiten Wertung gab. Also gut, es wurde zwar keine Wertung für unser Verfolgertrio angesagt, aber zufälligerweise bin ich in der 10. Runde gerade in der Führungsarbeit gewesen, wodurch ich einen Punkt bekam. Dadurch kam wohl der Zuruf zustande, dass ich Vierter sei. Leider kam danach wieder ein Zuruf, dass immer noch sechs Fahrer vor uns wären. Ich ging also weiterhin davon aus, dass ich ohne Rundenvergütung und ohne Punkte in der Schlussrunde wenigstens noch den 7. Platz einfahren müsste, obwohl es in Wirklichkeit noch um Platz 4 ging.

Die Verwirrung - und der Frust - nahm noch zu, als ich 2 Runden vor Schluss die "2" auf der Rundentafel sah, man uns in der nächsten Runde aber erneut die "2" zeigte - aber gleich nach unserer Durchfahrt auf "1" änderte. Wir waren neben dem Spitzentrio die einzigen Fahrer, die noch in der gleichen Runde waren. Meine Begleiter Robert und Klaus bekamen das aber nicht mit und zogen plötzich zu einem Zielsprint an mir vorbei. Ich war mir nicht sicher, wer nun Recht hatte, weil ich auch bei dieser vermeintlichen Zieldurchfahrt kein Glockenzeichen wahrnahm, obwohl es sogar kurz zu hören war, wie mir im Video auffiel. Ich war im ersten Moment jedenfalls geschockt, falls das wirklich die letzte Runde gewesen sein sollte, und bin einfach auch aus Wut voll weitergefahren. Aber eigentlich ging ich davon aus, dass ich die Rundentafel richtig abgelesen hatte.

Auf der Gegengeraden drehte ich mich noch zu Robert und Klaus um und hob fragend den Arm. Ich hatte den Eindruck, dass die beiden dadurch dann doch wieder etwas Fahrt aufnahmen, also ebenfalls nicht sicher waren, ob es das schon war oder nicht. Ich zog jedenfalls durch und verteidigte die Position bis ins vermeintliche Ziel - und das war auch gut so. Ich hatte tatsächlich den Durchblick bewahrt, was den Wettkampfrichtern abermals misslungen ist. Nach 16 der 15 Runden (!) sicherte ich mir also noch 2 weitere Punkte und wurde dadurch mit 3 Punkten noch Vierter. Der Rückstand, der nach dem Sturz noch knapp 20 Sekunden betrug, war am Ende auf 13 Sekunden geschmolzen.

Mein Schnitt war mit 40,6 km/h der höchste Schnitt, den ich je in Strullendorf gefahren bin. Mit 54,4 km/h lag ich in Sachen Top-Speed zwar nur im Trend der Vorjahre, aber unterm Strich muss man eben doch sagen, dass mein Formaufbau genau so war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Meine bisher beste Leistung in Strullendorf, aber durch einen Sturz wurde es nur Platz 4. Jetzt habe ich in Strullendorf die Plätze 2 bis 5 alle je einmal belegt. Hmmm ... sieht so aus, als ob ich nächstes Jahr doch wieder Hobby fahren müsste, um endlich den fehlenden Platz in der Sammlung zu holen.

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